Das wir gewinnt

Jacqueline und Nicole – große Schwestern

Material für die Arbeit mit Jugendlichen zum Thema "Anderssein"

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Die Sonne scheint an diesem Sonntag auf dem Tempelhofer Feld. Jacqueline und Nicole grinsen und erzählen von der Hochzeit, auf der sie in der Woche zuvor waren: “Wir haben polnische Wurzeln und so war es eine echte polnische Hochzeit.” Was der Unterschied zu einer deutschen Hochzeit sei? “Keine Ahnung. Vielleicht wird noch mehr gefeiert!?”, antwortet Nicole und beide lachen.

“Wir sind komplette Familienmenschen“, sagen die Schwestern aus Berlin Tempelhof. Beide leben noch zuhause bei den Eltern. Für sie ganz praktisch, da sie noch in der Ausbildung stecken: Nicole, 25, zur zahnmedizinischen Fachangestellten, und Jacqueline, 23, wird Kauffrau für Bürokommunikation. Viel Zeit mit der Familie zu verbringen: "Für uns kein Problem“. Denn auch sonst sind sie sich ähnlich, gehen shoppen, machen Sport oder hängen zusammen vorm Fernseher und quatschen.

Achja, wer von beiden die Behinderung hat…? Eigentlich ist das offensichtlich: Jacqueline ist 1,23 m groß und gut drei bis vier Köpfe kleiner als ihre Schwester. Eigentlich ist es aber auch egal: “Wir kennen es nicht anders und nehmen da auch nicht besonders Rücksicht drauf,” meint Nicole und Jacqueline ergänzt: “Unsere Wohnung ist normal eingerichtet, ich benutze mal einen kleinen Hocker. Oder Teller und Tassen stehen weiter unten, das war‘s dann auch schon.” 

Nicole und Jacqueline von hinten zu sehen, sie schauen einem fliegenden Drachen zu.

Achterbahn fahren

Und wenn doch mal etwas ist, sagt Jacqueline, was sie braucht: helfen unter Geschwistern – Ehrensache. Bei längeren Ausflügen wird dann eher mal das Auto genommen, weil es für Jacqueline anstrengend ist, weite Strecken zu laufen. “Aber wir fahren trotzdem zusammen in den Heidepark und wenn wir Achterbahn fahren, dann bleibt Jacqueline, die wegen ihrer Größe nicht mitfahren darf, einfach unten und wartet mit unseren Cousins und Neffen.”

“Das ist dann auch nicht doof für mich, es ist halt so”, fasst Jacqueline die Sachlage zusammen. "Es ist halt so", sagen die beiden Schwestern häufiger. Sie kennen sich seit der Geburt, genauso wie sie sind. Sie sind wie beste Freundinnen zueinander, die sich ewig kennen und die Sätze der anderen beenden könnten. Für Jacqueline ist Nicole manchmal auch die große Schwester – das hat dann aber rein gar nichts mit Größe zu tun: sondern einfach damit die ältere Schwester zu sein. “Ich persönlich finde es schade, wenn ich Familien sehe, die eine Behinderung zum Mittelpunkt machen und es sie oft runterzieht,” meint Nicole. “Das kann man manchmal zwar nachvollziehen, aber wir haben einen anderen Weg gewählt.” So war Jacqueline auch auf keiner Sonderschule, das wollten die Eltern nicht. Und die beiden Geschwister besuchten die gleiche Grundschule.

"Das nervt doch auch“

Es sind höchstens die Blicke der anderen, die ihnen manchmal das Gefühl geben, dass etwas anders ist. “Nicole ist manchmal sehr von den Blicken auf mich genervt”, erzählt Jacqueline lächelnd und Nicole springt ihr bei “Ja, das nervt doch auch, warum müssen die Menschen immer gucken oder regelrecht glotzen?” Jacqueline bleibt da locker, sie kennt es nicht anders. Überhaupt lassen sich die beiden nicht so leicht aus der Ruhe bringen und lachen viel. Und Größenunterschied? Kann man auch mal so sehen: “Nicole ist ja auch noch größer als normal!”

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