Private inklusive WG in Köln
Selbstbestimmt leben, unabhängig sein: Dass das auch mit Down-Syndrom gut funktioniert, zeigt das Beispiel von Natalie Dedreux. Sie lebt mit einer Freundin und zwei Studentinnen zusammen in einer privaten WG. die sie selbst gegründet haben. Hier ist Natalie frei und eigenständig und bekommt gleichzeitig die Unterstützung, die sie braucht, auf Augenhöhe.
Wer wohnt hier: Natalie Dedreux
Behinderung: Down-Syndrom
Wohnform: Eigene Wohnung
Ort: Köln
Unterstützung: WG-Mitbewohnerinnen und gelegentlich Betreuerinnen
Wie Natalie mit Downsyndrom in ihrer WG wohnt:
Das war Natalie bei der Wohnungssuche wichtig
Eine eigene Wohnung sollte es sein, mit eigener Couch, mit eigenem Wohnzimmer. Und vor allem: mit eigener Küche. „Groß muss sie sein, damit ich meine Einkäufe verstauen kann und Platz habe zum Kochen“, sagt Natalie. Eigenständig leben – das war für Natalie und ihre Mutter ein wichtiges Schlagwort. Ohne Einschränkungen und Vorgaben wie beispielsweise Alkoholverbot, Ausgangssperren oder Internetverbot, von denen Natalie gehört hat, dass sie in Wohneinrichtungen von Trägern vorkommen sollen. Und noch etwas war Natalie wichtig: Ihre Wohnung sollte mitten in einem belebten Umfeld liegen, mit guter Infrastruktur und ÖPNV-Anbindung.
Natalie und ihre Mutter haben sich deshalb etwas überlegt: Sie haben privat nach einer geeigneten Mietwohnung gesucht, um darin eine inklusive WG zu gründen.
So wohnt Natalie heute
Seit einiger Zeit lebt Natalie nun zusammen mit ihrer Freundin Carola und zwei Studentinnen ohne Behinderung in einer Wohnung im beliebten Kölner Stadtteil Lindenthal. Natalie ist als Hauptmieterin eingetragen. Die beiden Studentinnen unterstützen ihre Mitbewohnerinnen und wohnen dafür mietfrei. So hat Natalie alle Freiheiten, die sie sich wünscht, und die Unterstützung, die sie braucht. "Ich konnte mein Zimmer so einrichten, wie ich wollte. Meine Wände sind zum Beispiel türkis", erzählt sie. "Außerdem verstehen wir uns alle gut. Wir machen auch viel zusammen. Zum Beispiel kochen. Oder Spiele spielen. Die beiden Studentinnen in der WG helfen mir, den Haushalt zu organisieren. Zum Beispiel putzen oder aufräumen, das mag ich nicht besonders. Deshalb haben wir einen Plan erstellt. Eigentlich leben wir zusammen wie in jeder WG."
Ein- oder zweimal in der Woche kommen Pädagog*innen vorbei. Sie schauen, ob alles läuft und helfen beispielsweise beim Erstellen der Einkaufslisten oder sie helfen bei Briefen oder anderem Papierkram.
In der WG ist es super. Ich hoffe, dass wir noch lange hier wohnen.
Natalies Tipps
Gerade in größeren Städten ist es nicht leicht, auf dem angespannten Wohnungsmarkt eine geeignete Wohnung zu finden. Da braucht man einen langen Atem bei der Suche.
Man sollte man unbedingt darauf achten, dass die Wohnung genügen viele Zimmer hat, damit alle Bewohner*innen Privatsphäre bekommen, rät Natalie.
Hilfreich ist es, sich mit anderen privaten inklusiven Wohnprojekten zu vernetzen. Die können aus ihrer Erfahrung am besten mit Rat zur Seite stehen. Der Verein WOHN:SINN kennt viele solcher Initiativen und hat sich zur Aufgabe gesetzt, die Schaffung von inklusiven Wohnformen zu unterstützen. (Kontakte siehe unten)
Wohnen wie Natalie: So klappt es auch bei dir
Eine private inklusive WG zu gründen ist mit Planung und Aufwand verbunden. Aber die Mühe lohnt sich, denn diese Wohnform bietet ein sehr hohes Maß an persönlicher Freiheit und Selbstbestimmtheit. Und du kannst auf Erfahrungen von anderen zurückgreifen, die diesen Weg bereits gegangen sind. Hier einige hilfreiche Adressen:
Wer berät und unterstützt?
Private inklusive WGs sind noch selten, aber es gibt bereits einige Erfahrungen aus ähnlichen Wohngemeinschaften, beispielsweise vom Münchner Verein „Gemeinsam Leben Lernen" oder vom Verein „Inklusiv wohnen Köln". Seit 2016 promotet der Verein WOHN:SINN solche privaten Wohnmodelle und berät Interessierte im ganzen Bundesgebiet.
Gute Anlaufstellen für Beratung zu allen Fragen rund um die möglichst eigenständige Teilhabe am Leben sind die rund 500 Beratungsstellen der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung in ganz Deutschland. Hier werden Menschen mit Behinderung und deren Angehörige und Freunde von ausgebildeten Berater*innen unterstützt, die oft selbst eine Behinderung haben. Wo die nächstgelegene EUTB-Beratungsstelle zu finden ist, erfährst du auf deren Internetseite
Wer übernimmt die Kosten?
Das Bundesteilhabegesetz sieht vor, dass Menschen mit Behinderung, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, vom zuständigen Sozialhilfeträger das notwendige Geld für existenzsichernde Leistungen (wozu auch Miete- und Nebenkosten zählen) ausgezahlt bekommen. Dieses Budget kann auch für die Miete einer privaten Wohnung verwendet werden. Abhängig von Einkommen und Vermögen ist ein Eigenanteil an den zuständigen Kostenträger zu entrichten.
Kosten für eine eventuelle Assistenz können davon unabhängig über den zuständigen Träger der Eingliederungshilfe finanziert werden oder durch eigene Geldmittel.