Herausforderungen inklusiver Bildung
Ist von Bildung die Rede, assoziiert man damit oftmals nur die Institution Schule. Junge Menschen bilden sich aber keineswegs nur in diesem formellen Lernsetting, sondern auch außerhalb davon: im Sportverein, Jugendzentrum, Kindergarten, bei der Nachmittagsbetreuung, der Nachhilfe oder im Rahmen persönlicher Freizeitaktivitäten.
Dass das hier stattfindende Lernen oft nicht als solches anerkannt wird, hängt mit dem in Deutschland vorherrschenden Bildungsverständnis zusammen: Dieses bezieht sich in erster Linie auf offizielle, gesetzlich geregelte Lernprozesse und den Erwerb intellektueller Kompetenzen.
Genauso wie sich auch Inklusion nicht nur auf Menschen mit Behinderung bezieht, darf Bildung nicht alleine der Schule überlassen werden. Ziel sollte ein Bildungsverständnis sein, das gleichermaßen formelle, informelle und nicht-formelle Bildungsbereiche einbezieht und die Vielfalt der dort agierenden Akteure berücksichtigt.
Entsprechend groß ist die Herausforderung, das deutsche Bildungssystem inklusiv zu gestalten. Damit es funktionieren kann, müssen zunächst die Rahmenbedingungen verbessert werden. Dafür gibt es verschiedene Stellschrauben, die ihre jeweils eigenen Herausforderungen mit sich bringen. Klar ist: Es ist nicht einfach – aber möglich.
Fragt man schulische und außerschulische Akteure, was für eine gelungene Umsetzung von Inklusion am wichtigsten ist, so nennen zwei Drittel der Befragten Personal als wichtigsten Faktor. Auf Rang zwei folgt die Ressource Zeit. Erst an dritter Stelle wird finanzielle Unterstützung genannt.
Eine große Herausforderung stellt auch die Koordination der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen dar. Während der Bund beispielsweise die Sozialgesetzgebung und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention verantwortet, sind die Bundesländer für die Schulgesetzgebung, Schulaufsicht und Unterrichtskonzeption, das pädagogische Personal aber auch für die Organisation der Trägerschaft der Sozialausgaben zuständig. Die Kommunen haben als Träger der Schulen die Verantwortung für Bau und Schulbetrieb, die Verwaltung von Kitas und sonstigen Bildungseinrichtungen und tragen einen Großteil der Sozialausgaben.
Die Herausforderungen im Überblick:
Strukturen
Vernetzung & Zusammenarbeit
Unterstützung
Partizipation
Begegnung
Digitale Teilhabe
Wie lässt sich das Recht auf Inklusive Bildung umsetzen?
Das Recht auf inklusive Bildung lässt sich nur in einem System verankern, dessen schulische wie außerschulische Akteure inklusiv denken. Das wiederum ist nur möglich, wenn sich alle Bildungsverantwortlichen als Teil eines großen Ganzen sehen und beginnen, die formalen Lernorte Schule und Kita mit den non-formalen Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe zu verzahnen.
Zusammen können schulische und außerschulische Akteure die Herausforderungen inklusiver Bildung am besten meistern. Dafür braucht es das Bewusstsein für die Potentiale einer gemeinsamen Umsetzung von Inklusion, ein gemeinsames Leitbild, durchdachte Umsetzungskonzepte und sozialraumorientiertes Handeln:

Inklusion umsetzen
- Bewusstsein schaffen: Bildungsakteuren beider Seiten muss klar werden, welche wichtige Rolle inklusive Bildung bei der die Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung junger Menschen spielt, sie müssen von den Mehrwerten überzeugt sein und ihre Arbeit daran ausrichten.
- Gemeinsames Leitbild & Werte: Schulische und außerschulische Partner sollten zusammen eine "Vision" entwickeln, in deren Rahmen sie sich den für sie wichtigsten Werten verpflichten. Idealerweise verankern sie daneben eine gemeinsame, von allen getragene Zielsetzung, die sie auch öffentlich vertreten.
- Umsetzungskonzepte entwickeln: Für gemeinsames (ganztägiges) Lernen und vielfältige Bildungsgelegenheiten braucht es durchdachte Konzepte und Strukturen, die auch über Institutionen hinaus effektives Arbeiten ermöglichen. Es gibt bereits viele gute inklusive Beispiele und Konzepte, deren Erfahrungswerte durch Hospitation und Austausch in die Breite getragen werden können.
- Bildung als Lebensraum: Die pädagogische Arbeit sollte sich eng an den konkreten Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen orientieren. So können alltägliche Aufenthaltsorte der jungen Menschen als Lernorte gestaltet werden. Und auch hier spielt die Partizipation aller Beteiligten und Betroffenen eine wichtige Rolle.