Innovative Hilfsmittel für blinde Menschen

Auf der diesjährigen SightCity, der größten internationalen Hilfsmittel-Messe für blinde Menschen, hat unsere blinde Kollegin Carina Tillmann einige Neuentwicklungen getestet, die wir Ihnen vorstellen möchten.
Envision Glasses und OrCam - Durchblick Dank smarter KI-Brillen
Die bekanntesten KI-Hilfsmittel sind aktuell die OrCam sowie die Envision Glasses. Hierbei handelt es sich um intelligente Brillen, die blinde und sehbehinderte Anwender*innen mit zahlreichen Features unterstützen. Sie können Texte in gedruckter Form oder auf Displays vorlesen, Gesichter, Farben und Geldscheine erkennen und vieles mehr. Einige Funktionen können auch durch Sprachbefehle aktiviert werden. Dabei benötigt die OrCam noch nicht einmal eine Internetverbindung, was es den Anwender*innen ermöglicht, dieses Gerät in sehr datenschutzsensiblen Bereichen zu verwenden.
Die Envision Glasses bieten zusätzlich die Möglichkeit, sich handschriftlich geschriebene Texte vorlesen zu lassen. Die Genauigkeit der Texterkennung ist jedoch von der Handschrift der Verfasser*innen abhängig. Weitere Merkmale, die die Envision Glasses zusätzlich von der OrCam unterscheiden, sind Bildbeschreibungen der Umgebung, das Finden von Objekten sowie eine Videoanruffunktion, mit deren Hilfe Vertrauenspersonen um Hilfe gebeten werden können. Doch nicht nur in ihren Funktionen unterscheiden sich die beiden KI-Brillen, sondern auch in der Art, wie die Geräte getragen werden. Während die Envision Glasses eine adaptierte Version der Google Glasses darstellt, handelt es sich bei der OrCam um ein kleines, etwa Feuerzeug-großes Gerät, dass mit Hilfe eines Magnetes an fast jeder Brille befestigt werden kann.
Beide Geräte können von den gesetzlichen Krankenkassen und weiteren Kostenträgern übernommen werden. Weitere Informationen finden Sie unter www.letsenvision.com und www.orcam.de


Der Tactonom Reader bringt taktile Grafiken zum Sprechen
Bilder, Grafiken und Karten sind ein wichtiger Teil unseres Alltags - insbesondere in Schule, Ausbildung und Studium. Doch für blinde und sehbehinderte Menschen sind ihre Inhalte nur schwer zugänglich, selbst wenn sie in taktile Formate übertragen werden. Da Finger deutlich weniger Eindrücke erfassen können als das menschliche Auge, sind diese Materialien häufig nicht ohne Hilfe verständlich, die die Grafiken beschreibt und weitere Informationen gibt. So ist autonomes Lernen nicht möglich.
Das möchte das Nürnberger Unternehmen Inventivio ändern und hat daher den Tactonom Reader entwickelt. Auf eine Platte wird eine zuvor erstellte taktile Grafik gelegt, welche mit beliebig vielen akustischen Informationen versehen wurde. Diese sind im Gerät gespeichert. Durch einen QR-Code erkennt der Tactonom Reader, um welche Grafik es sich handelt und ordnet dann die Informationen zu. Die tastenden Finger der Anwender*innen werden durch eine Kamera erfasst, sodass auf Knopfdruck Informationen zu der Stelle wiedergegeben werden können, an der sich der Finger gerade befindet. Dies ermöglicht es den Lernenden, sich eine Grafik selbstständig zu erarbeiten. Das Gerät soll insbesondere im Bildungsbereich zum Einsatz kommen, eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen ist jedoch auch möglich. Weitere Informationen finden Sie unter www.tactonom.com
IO: Innovativer Blindenstock aus Deutschland
Blindenstöcke, auch Langstöcke oder weiße Stöcke genannt, existieren schon seit fast 100 Jahren und doch erscheinen immer wieder neue, innovative Produkte.
Eines davon ist der IO der Firma Whitecane aus Duderstadt bei Göttingen. Der Stock besteht aus Carbon und ist dadurch extrem leicht. Sein gebogener Griff erhöht die Ergonomie und entlastet das Handgelenk. Das ist besonders wichtig, da die von vielen blinden Menschen verwendete Pendeltechnik das Handgelenk stark beansprucht. Kopfsteinpflaster, herumstehende E-Scooter oder Passant*innen, die versehentlich auf den Stock treten oder mit einem Koffer darüberfahren, können leicht zu Verletzungen der Nutzer*innen sowie zu Stockschäden führen. Um dies zu verhindern, verfügt der IO über ein Gelenk, welches bei Druck automatisch zu allen Seiten nachgeben kann. So wird der Impuls durch den IO abgefangen und nicht durch die Nutzer*innen. Darüber hinaus verbessert der Stock die Sichtbarkeit bei Tag und bei Nacht und wurde mit zahlreichen Design-Preisen ausgezeichnet. Er kann von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden - eine Erprobung ist möglich. Weitere Informationen finden Sie unter https://whitecane.com
WeWalk: smarter Blindenstock mit Hinderniserkennung und Navigation

Der feelSpace-naviGürtel sorgt für Orientierung
Der feelSpace naviGürtel hat eine Hilfsmittelnummer und kann von den Krankenkassen übernommen werden. Weitere Informationen finden Sie unter www.feelspace.de
