Das wir gewinnt
Ein junger Mann und eine junge Frau schauen sich Blumen an einem Marktstand an. Der junge Mann hat das Down-Syndrom.

Gesetze zu Teilhabe und Barrierefreiheit

Gibt es ein Recht auf Teilhabe und Barrierefreiheit und welche Gesetze liegen dem zugrunde?
Menschen mit Behinderung haben den Rechtsanspruch auf volle und gleichberechtigte Teilhabe, das ist in verschiedenen Gesetzen festgelegt. Wir geben einen Überblick über die verschiedenen Regelungen.

UN-Behindertenrechtkonvention: Internationales Übereinkommen

Die UN-Behindertenrechtskonvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Deutschland hat sie im Jahr 2009 ratifiziert. Das bedeutet, dass sie hierzulande geltendes Recht ist. International haben 186 Staaten die Konvention unterzeichnet.

Was regelt die UN-Behindertenrechtskonvention?

Die UN-Behindertenrechtskonvention überträgt die allgemeinen Menschenrechte auf die Situation von Menschen mit Behinderung. Dabei berücksichtigt sie, wie Menschen mit Behinderung leben und welche Bedarfe sie haben. Dazu gehören Themen wie Barrierefreiheit, Gesundheit, Bildung, Arbeit, politische Teilhabe, Gleichberechtigung und Schutz vor Diskriminierung. Wichtig ist dabei der Gedanke, dass Teilhabe an der Gesellschaft ein Recht ist.

Studie zum internationalen Vergleich der Umsetzung der UN-BRK

Eine im Auftrag der Aktion Mensch durchgeführte Studie hat untersucht, wie sich die Fortschritte bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention der Vertragsstaaten miteinander vergleichen lassen. Die Studie zeigt: In wichtigen Bereichen geht es in Deutschland langsamer voran als in anderen Ländern.

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland: Artikel 3

Das Grundgesetz bildet in Deutschland die rechtliche Grundordnung. Der dritte Artikel legt darin fest, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Menschen mit Behinderung werden in diesem Artikel explizit erwähnt. So lautet Artikel 3, Absatz 3, Satz 2: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (Quelle: www.gesetze-im-internet.de ). Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderung durch die Umsetzung von Nachteilsausgleichen und Leistungen in bestimmten Fällen bevorzugt werden dürfen, um Nachteile auszugleichen und ihre Teilhabe zu sichern. 

Dieser Artikel soll Gleichbehandlung, Teilhabe und Chancengleichheit sicherstellen. Damit soll er dafür sorgen, dass alle Menschen gleichermaßen selbstbestimmt leben können – unabhängig davon, ob sie eine Behinderung haben oder nicht.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein Gesetz, das die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act) regelt. Es soll sicherstellen, dass bestimmte Produkte und Dienstleistungen, wie z.B. Online-Shops, Geldautomaten oder Smartphones, für Menschen mit Behinderungen besser nutzbar sind. Das Gesetz ist seit dem 28. Juni 2025 in Kraft. 

Mehr erfahren:

Das Behindertengleichstellungsgesetz

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) ist ein wichtiger Teil der Umsetzung des dritten Artikels des Grundgesetzes. Es gilt in erster Linie für Körperschaften und Anstalten des Bundes, also zum Beispiel für die Bundesagentur für Arbeit oder die Deutsche Rentenversicherung.

Die Aufgabe des BGG ist es sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderung nicht durch öffentliche Träger benachteiligt werden, und verpflichtet zur Barrierefreiheit von Einrichtungen des Bundes. 

Das bedeutet: 

  • Gebäude und Verkehrsmittel müssen barrierefrei sein.
  • Bundesbehörden müssen in ihren Verfahren barrierefrei arbeiten, zum Beispiel mit Leichter Sprache.
  • Menschen haben das Recht, Gebärdensprache und andere Hilfen zur Kommunikation zu nutzen.
  • Internetseiten und digitale Angebote müssen barrierefrei sein. Das ist in einer besonderen Verordnung (BITV) geregelt. Mehr dazu erfahren Sie hier .
  • Bei Bundestags- und Europawahlen muss barrierefreies Wählen möglich sein. Mehr zum barrierefreien Wählen erfahren Sie hier. 

Neben dem Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes gibt es in allen Bundesländern eigene Gesetze zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Diese Gesetze regeln, wie Behörden auf Landes- und Kommunalebene arbeiten sollen. Sie betreffen zum Beispiel das Bauen, die Schulen, die Hochschulen und den öffentlichen Nahverkehr. Als das BGG in Kraft trat, haben sich die Bundesländer bei ihren Gesetzen stark an den Regeln des Bundes orientiert.

 

Der Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung

Das Behindertengleichstellungsgesetz regelt auch die Aufgaben des „Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung“.
Die oder der Beauftragte:

  • steht in engem Kontakt mit Menschen mit Behinderung, ihren Verbänden, Organisationen und anderen Gruppen, in denen Menschen mit Behinderung aktiv sind,
  • achtet darauf, dass der Bund dafür sorgt, dass Menschen mit und ohne Behinderung gleich gut leben können,
  • arbeitet bei neuen Gesetzen und wichtigen Vorhaben der Bundesministerien mit, wenn es um die Rechte von Menschen mit Behinderung geht,
  • setzt sich dafür ein, dass die unterschiedlichen Lebenssituationen von Menschen mit Behinderung beachtet werden und dass Benachteiligungen, zum Beispiel wegen des Geschlechts, abgebaut werden.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) regelt den Schutz von Menschen, die aus bestimmten Gründen Diskriminierung erfahren. Das können zum Beispiel Alter, Herkunft oder auch eine Behinderung sein. Das Gesetz schützt vor Benachteiligungen im Arbeits- und im Zivilrecht. Das bedeutet: Schutz im Arbeitsleben und bei Alltagsgeschäften. 

Im Arbeitsleben bedeutet das Gesetz konkret: 

  • Der ganze Bewerbungsprozess – von der Stellenausschreibung bis zur Einstellung – muss fair und ohne Diskriminierung sein.
  • Arbeitnehmer*innen haben ein Recht auf Schutz vor Benachteiligung.
  • Wer sich benachteiligt fühlt, kann Schadensersatz verlangen und beschweren.
  • Dafür muss es in jedem Betrieb eine Beschwerdestelle geben. Alle Mitarbeitenden müssen darüber informiert werden.
  • Arbeitgeber*innen müssen verhindern, dass Benachteiligung passiert: Sie müssen beispielsweise gegen Mitarbeiter*innen vorgehen, die andere unfair behandeln .

Drei Maler bei der Arbeit in einem Raum. Einer von ihnen arbeitet mit dem Rücken zur Kamera am Fenster. Der Boden ist mit Malerflies abgedeckt. Eimer mit Farbe stehen herum. Ein junger Mitarbeiter und der Chef mischen in einem Topf Farbe an.

Das Bundesteilhabegesetz

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) soll die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung stärken. Es wurde Ende 2016 beschlossen und trat von 2017 bis 2023 in vier Schritten in Kraft. Es ändert viele Regeln in verschiedenen Sozialgesetzbüchern. Besonders wichtig ist die Neuregelung des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX). Das neue Recht für Eingliederungshilfe wurde aus der Sozialhilfe herausgelöst und als eigenes Recht im SGB IX Teil II geregelt.

Konkrete Maßnahmen des BTHG sind:

  • Es gibt eine neue Definition von Behinderung: Sie richtet sich nach der UN-Behindertenrechtskonvention und der internationalen Klassifikation ICF. Behinderung wird als etwas Soziales verstanden, nicht nur als eine körperliche Einschränkung.
  • Leistungen für Menschen mit Behinderung gehören jetzt nicht mehr zur Sozialhilfe (SGB XII), sondern zum neuen Rehabilitations- und Teilhaberecht (SGB IX Teil II).
  • Menschen mit Behinderung dürfen bei der Ermittlung ihres persönlichen Unterstützungsbedarfs mehr mitbestimmen.
  • Geld- und Sachleistungen für Teilhabe werden von der Sozialhilfe zum Lebensunterhalt getrennt.
  • Es gibt neue Regeln, wie viel Menschen mit Behinderung und ihre Familien zu den Kosten beitragen müssen.

Erklärvideos zum Bundesteilhabegesetz

Das Bundesteilhabegesetz soll die Teilhabe von Menschen mit Behinderung stärken. Doch was genau regelt das Gesetz? Welche Veränderungen bringt es für Menschen mit Behinderung mit sich? Und was genau bedeutet das für den Alltag?

Diese Fragen beantwortet Kirsten Erhardt von der EUTB Heidelberg in einer Videoreihe.

Regelungen des Sozialgesetzbuchs

Das Sozialgesetzbuch (SGB) fasst das deutsche Sozialrecht zusammen. Es besteht aus insgesamt zwölf Büchern. Regelungen und Gesetze, die Menschen mit Behinderungen betreffen, finden sich vor allem im fünften, achten, neunten und elften Sozialgesetzbuch.

Diese Bücher behandeln folgende Aspekte zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen:

  • SGB V: Dieses Buch regelt die gesetzliche Krankenversicherung. Es beschreibt den Anspruch von Versicherten auf Versorgung mit Hilfsmitteln, z. B. Rollstühlen, Hörgeräten oder Prothesen.
  • SGB VIII: Dieses Buch betrifft die Kinder- und Jugendhilfe. Kinder, Jugendliche und junge Volljährige mit seelischen Behinderungen können Eingliederungshilfe vom Jugendamt erhalten. Dazu gehören Unterstützungsleistungen wie Schulbegleitung, Freizeitassistenz oder die Unterbringung in einer heilpädagogischen Einrichtung.
  • SGB IX: Dieses Buch behandelt die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Es ist besonders wichtig für die Rechte dieser Menschen. Ziel ist es, eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen – etwa durch Unterstützung in Ausbildung, Beruf oder Alltag. Das Gesetz legt fest, welche Leistungen Menschen mit Behinderung zustehen und welche Träger (z. B. Krankenkassen oder Rentenversicherung) dafür zuständig sind. Es umfasst unter anderem Regelungen zur Teilhabe, zur Eingliederungshilfe und zum Schwerbehindertenrecht.
  • SGB XI: Dieses Buch regelt die soziale Pflegeversicherung. Es beschreibt, wer pflegeversichert ist, welche Aufgaben Pflegekassen und Pflegepersonen haben und welche Leistungen pflegebedürftige Menschen erhalten können – etwa Pflegegeld, Verhinderungspflege oder digitale Pflegeanwendungen. Außerdem legt es fest, was „Pflegebedürftigkeit“ bedeutet und wie Pflegegrade bestimmt werden. Auch die verpflichtende Pflegeberatung für Angehörige wird darin geregelt. 

Auch andere Teile des SGB enthalten Vorschriften, die für Menschen mit Behinderungen relevant sein können.

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