Das wir gewinnt
Eine Frau, die den smarten Blindenstock WeWalk benutzt, geht über einen Zebrastreifen.

KI für mehr Inklusion: 8 gute Beispiele

Intelligente Prothesen, Übersetzungstools, Avatare und schlaue Brillen: Künstliche Intelligenz bietet vielfältige Möglichkeiten, um den Alltag zu erleichtern. Wir stellen zehn Projekte vor, in denen KI für mehr Barrierefreiheit und Inklusion eingesetzt wird.

Warum wir diese Beispiele ausgewählt haben

Es gibt bereits eine ganze Fülle an Projekten, Produkten und Prototypen, die zeigen, wie KI genutzt werden kann, um Barrieren abzubauen. Sie erleichtern alltägliche Aufgaben und kommen in den unterschiedlichsten Situationen zum Einsatz: auf der Arbeit, in der Schule, beim Sport oder in der Freizeit zum Beispiel. Wir stellen hier bewusst nur eine kleine Auswahl vor, die einen beispielhaften Überblick über die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz geben soll.

Uns ist bewusst, dass Menschen teils sehr unterschiedliche Erfahrungen machen. Während manche zum Beispiel ihre intelligente Lesehilfe lieben, finden andere sie vielleicht völlig unnütz. Die einen freuen sich über KI-Avatare, die Text in Gebärdensprache übersetzen – andere finden diese Angebote unpraktisch und vielleicht sogar gefährlich (siehe dazu unseren Beitrag über KI und Barrierefreiheit). Wie bei jeder Technologie gibt es auch bei KI-Anwendungen Argumente für und gegen ihren Einsatz. Wir möchten mit dieser Liste vor allem zeigen, an welchen konkreten Ansätzen derzeit gearbeitet wird. Einige Beispiele zeigen auch einfach nur spielerische oder kreative Einsatzmöglichkeiten von KI

Physische Unterstützung und Mobilität

Worum geht’s?
Der Smart Cane ist ein intelligenter Blindenstock mit eingebautem KI-Assistent. Er hilft bei der Navigation und kann Richtungsanweisungen vorlesen. Er kann Hindernisse in unterschiedlichen Höhen erkennen und mit Audiosignalen davor warnen. Der Assistent kann außerdem auf das Smartphone zugreifen und sprachgesteuerte Funktionen und Befehle ausführen. Zum Beispiel um Informationen über die nähere Umgebung abzurufen. Im Stock ist ein Lautsprecher verbaut, über den der Voice Assistant abgespielt wird.

 
Wer kann das nutzen?
Der Blindenstock kann online bestellt werden. Einen Preis gibt es allerdings nur auf Anfrage. Der eingebaute KI-Assistent ist außerdem nur bis Dezember 2025 kostenlos. Danach kostet der Dienst etwa fünf Euro pro Monat. Außerdem ist der Assistent bisher nur auf Englisch verfügbar. Die Android-Version des Stocks hat zudem weniger Funktionen als die iOS-Variante.
 
Mehr Informationen:

Hier geht es zur Webseite des Herstellers:

wewalk.io/de/

Und in diesem Artikel haben wir nochmal alle Informationen zum WeWalk Smart Cane zusammengefasst.

Worum geht’s?
Die OrCam ist ein KI-gestütztes Vorlesegerät. Es kann zum Beispiel an einem Brillenbügel angebracht werden und mittels Handgesten unterschiedliche Funktionen ausführen, wie etwa Texte scannen und vorlesen, Gesichter, Geldscheine oder Produkte erkennen. Die KI kann Bilder und Texte beinahe in Echtzeit einlesen und übersetzen. Außerdem lassen sich zusätzliche Informationen über die gescannten Inhalte abrufen. 

 
Wer kann das nutzen?
Das Gerät ist frei verfügbar und kann über eine Reihe ausgewählter Händler bestellt und getestet werden. Das Gerät wird von gesetzlichen Krankenkassen als Hilfsmittel anerkannt. Ihre Krankenkasse sollte also in der Regel alle oder zumindest einen Teil der Kosten übernehmen.
 
Mehr Informationen:

Einen Testbericht zur OrCam gibt es auf dem YouTube-Kanal von Mr.BlindLife (Deutsch).

Alle Informationen gibt es auf der Website des Herstellers:

orcam.de

 

 

Soziale Teilhabe und Kommunikation

Worum geht’s?
ABLE ist ein von der Aktion Mensch entwickeltes KI-Evaluations-Tool. Mit ABLE können Chatbots auf diskriminierende und ableistische Sprache getestet werden. ABLE greift dazu über den Browser auf ausgewählte Chatbots zu. Das Programm stellt den Chatbots eine Reihe vorformulierter Fragen, um zu testen, wie sie antworten. Die Ergebnisse werden anschließend systematisch ausgewertet.
 
Wer kann das nutzen?
ABLE ist Open Source und über die Plattform GitHub frei verfügbar. Dort findet sich auch eine detaillierte Anleitung zur Installation.
Das Tool richtet sich in erster Linie an Unternehmen und Institutionen, die KI-Chatbots bereits einsetzen oder noch einsetzen wollen. Sie können ABLE nutzen, um die Performance ihrer Chatbots zu testen.
 
Mehr Informationen:
In diesem Beitrag haben wir alle wichtigen Informationen über ABLE zusammengefasst. 
 
Worum geht’s?
BeMyAI ist eine Funktion der bereits seit einigen Jahren verfügbaren App BeMyEyes. BeMyAI erweitert die App um KI-gestützte Bildbeschreibungen. Dafür greift die Anwendung auf das Sprachmodell GPT-4 zurück. Nutzer*innen können entweder direkt in der App ein Foto schießen oder vorhandene Bilder hochladen. Diese werden dann von der KI analysiert und beschrieben. Das funktioniert meistens schon ziemlich zuverlässig. 

 

Wer kann das nutzen?
Die App ist kostenlos für iOS, Android und Windows verfügbar. Sie richtet sich in erster Linie an blinde und sehbehinderte Menschen. 

 

Mehr Informationen:
Hier gibt es einen kurzen Testbericht beim Netzwerk Inklusion mit Medien.

Worum geht's?
a11y-AI (gesprochen: Ally AI) ist eine Anwendung, mit der getestet werden kann, wie barrierearm Webseiten sind. Dafür wurden mit KI Avatare erstellt, die Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen simulieren. Mithilfe dieser Avatare können verschiedene Szenarien getestet werden. Zum Beispiel, wie gut sich eine Webseite von einer blinden Person bedienen lässt. Oder ob ein Webshop auch für Menschen bedienbar ist, die keine Maus verwenden können. Die Testergebnisse werden in Textform zusammengefasst. Sie sind wie persönliche Erfahrungsberichte geschrieben. 

 

Wer kann das nutzen?
Auf der Projektwebseite lassen sich pro Tag bis zu vier Webseiten kostenlos prüfen. Nutzer*innen können dazu einfach die URL der Seite, die geprüft werden soll, in ein Suchfeld eingeben. Dann wird die Seite analysiert. Die Ergebnisse werden in einem Testbericht zusammengefasst. 

 

Mehr Informationen:
Hier können Sie das Tool selbst testen:

a11y-ai.denkwerk.com

Kognitive Unterstützung und Bildung

Worum geht’s?
Summ.AI bietet mehrere KI-gestützte Lösungen, um Inhalte in Einfache oder Leichte Sprache zu übersetzen. Das kann nämlich sehr aufwändig sein. Es gelten teils strenge Regeln. Ein komplexes Thema verständlich auf das Wesentliche herunterzubrechen, ist nicht leicht. Summ.AI hat KI-Modelle mit den Regeln Einfacher und Leichter Sprache trainiert. So können die Modelle Texte ähnlich schnell übersetzen wie andere Chatbots, ohne dabei inhaltliche Fehler zu machen. Die Ergebnisse werden laut der Firma regelmäßig von externen Expert*innen geprüft.   

 

Wer kann das nutzen?
Das Angebot richtet sich in erster Linie an Verwaltungen, Redaktionen oder Unternehmen. Also alle, die komplizierte Texte in Einfache oder Leichte Sprache übersetzen wollen. Einzelpersonen können das Angebot bisher nicht nutzen. 

 

Mehr Informationen:
Hier gibt es eine Beschreibung des Angebots beim Mediennetzwerk Bayern.

Und hier geht es direkt zur Webseite des Unternehmens:

summ-ai.com

Worum geht’s?
Der Verainfacher ist eine intelligente Lernhilfe. Die Anwendung hilft Menschen mit Lernschwierigkeiten, Texte mithilfe von Künstlicher Intelligenz im Gespräch besser zu begreifen. Es geht dabei nicht nur darum, Texte sprachlich zu vereinfachen, sondern vor allem, durch gezielte Fragen ein echtes Verständnis aufzubauen. Nutzer*innen können Texte aus unterschiedlichen Quellen, wie Screenshots oder Fotos, in Echtzeit erfassen lassen. Der Verainfacher stellt dazu Fragen, gibt Erklärungen und wiederholt Inhalte – bis der Inhalt verstanden ist. Durch den dialogischen Ansatz erschließen sich die Nutzer*innen die Inhalte selbst und in ihrem eigenen Tempo.   

 

Wer kann das nutzen?
Die Anwendung kann ab Oktober 2025 als Browser-Erweiterung oder als Web-Anwendung frei verwendet werden. Den entsprechenden Link findet man auf der Projekt-Webseite von Kopf, Hand und Fuss

 

Mehr Informationen:
Hier gibt es ein Erklärvideo , in dem man sieht, wie der Verainfacher funktioniert. 

Kreativität und Selbstverwirklichung

Worum geht’s?
Der Name ist Programm: Mit Animated Drawings lassen sich eigene Zeichnungen mithilfe von KI animieren. Dazu lädt man ein Foto der Zeichnung im Browser hoch. In vier einfachen Schritten legt man dann fest, wie die Zeichnung animiert werden soll. Bisher gibt es allerdings nur eine begrenzte Auswahl an Möglichkeiten. Man kann seine Zeichnung zum Beispiel springen, hüpfen oder laufen lassen. Spaß macht das Ganze trotzdem. Schade: Die Animation funktioniert nicht mit einer Figur, die im Rollstuhl sitzt. Sie wird von der KI bisher nicht erkannt. 

 

Wer kann das nutzen?
Das Ganze ist ein Angebot der Firma Meta (Facebook, Instagram) und ist kostenfrei und ohne Anmeldung nutzbar.

 

Mehr Informationen:
Hier können Sie Animated Drawings testen:

sketch.metademolab.com

Weitere Angebote und Lesetipps

Wie gesagt: Diese Liste zeigt nur einen kleinen Ausschnitt aller Anwendungen und Möglichkeiten, die es mittlerweile gibt. Die Aktion Mensch hat gemeinsam mit der TU Dortmund eine Tool-Liste mit weiteren KI-Tools zusammengestellt. Auf der Seite von KI-Kompass Inklusiv können Sie außerdem nach Anwendungen in unterschiedlichen Kategorien suchen: 

Außerdem gibt es natürlich viele KI-Anwendungen, die nicht in erster Linie mit dem Gedanken entwickelt wurden, Inklusion zu fördern oder Barrieren abzubauen. Chatbots wie ChatGPT zum Beispiel sind weit verbreitete und leicht zugängliche Tools. Sie bieten Funktionen wie Bilderkennung oder können helfen, Inhalte in Leichte Sprache zu übersetzen. Bloß sollte man hier etwas vorsichtig sein. Sie sind eben nicht in erster Linie dafür gedacht. Sie können Fehler machen und funktionieren manchmal nur unzuverlässig. Außerdem sind nicht alle dieser Anwendungen barrierefrei. Wann KI-Anwendungen wirklich barrierefrei sind, haben wir für Sie in diesem Beitrag zusammengefasst:

KI und Barrierefreiheit: Inklusion von Anfang an

Künstliche Intelligenz und Barrierefreiheit – passt das zusammen? KI kann dabei helfen, Barrieren abzubauen. Gleichzeitig ist KI jedoch oft selbst noch nicht barrierefrei, weil Barrierefreiheit in der Entwicklung nicht mitgedacht wird. Wir erklären, wann KI wirklich barrierefrei ist und wo sie Inklusion fördert.

Das könnte Sie auch interessieren