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Betroffene: „Alle Hilfestellungen müssen vor einer Betreuung ausgeschöpft werden“

Carsten „Casi“ „Cassandra“ Wiegel aus Duisburg engagiert sich als Selbstvertreter für die Belange von Menschen, die mit Betreuung leben. Er ist psychiatrisch erfahren und lebt im ambulant betreuten Wohnen in Duisburg. Er hat zahlreiche Funktionen und Ehrenämter inne, unter anderem als Vorsitzender des Bewohnerbeirats des Wohnverbunds Otto-Vetter-Haus - Diakoniewerk Duisburg, als Erster Sprecher der unabhängigen Beschwerdestelle der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft Duisburg und als Mitglied im Westdeutschen Betreuungsgerichtstag. Diese Stellungnahme, die hier gekürzt wiedergegeben wird, hat er für den Betreuungsgerichtstag geschrieben. 

Stellungnahme von Carsten „Casi“ „Cassandra“ Wiegel 

Ich bin der Meinung, dass ein/e zu Betreuende/r sich vor dem Gerichtstermin, bei dem seine Betreuung eingerichtet wird, mit mehreren Betreuern treffen können muss, damit er feststellen kann, ob beide auf einer gemeinsamen Wellenlänge schwimmen und ob ihr/ihm die Arbeitsweise der/des Betreuerin/Betreuers zusagt.

Ich finde dieses nähere Kennenlernen wichtig, wenn die/der BetreuerIn Entscheidungen im Namen der/des zu Betreuenden treffen muss. Sie/Er soll ja den mutmaßlichen Willen der/des zu Betreuenden zu dem Ausdruck bringen. Woher soll er ihn kennen, wenn er sich nicht mit der/dem zu Betreuenden unterhalten hat? Diese Unterhaltungen müssen bezahlt werden.

Es muss eine BetreuerInnenkammer genauso wie eine Ärztinnen-/Ärzte- und Rechtsanwältinnen-/Rechtsanwältekammer geben.

Ich bin der Meinung, dass alle Betreuer, egal ob ehrenamtlich, in einem Betreuungsverein tätig sein sollen.

Ich bin der Meinung, dass alle Betreuer, egal ob ehrenamtlich, in einem Betreuungsverein tätig oder Freiberufler, vor der Aufnahme einer Betreuung eine verpflichtende Schulung machen müssen, damit sie wissen, worum es bei einer Betreuung geht.

Wenn die/der zu Betreuende nicht selber die Betreuung anregt, soll ihr/ihm von dem Gericht mitgeteilt werden, dass, wer und warum für sie/ihn eine Betreuung beantragt worden ist.

Barrierefreiheit sicherstellen 

Wenn ein formloser Antrag auf Betreuung bei dem Betreuungsgericht eingeht, muss der Antragsteller ein Formblatt erhalten, in dem er unter anderem angeben muss, welche Art von Unterstützung die/der zu Betreuende benötigt. Ich denke da zu dem Beispiel an Leichte Sprache, Gebärdendolmetscher, Brailleschrift, Assistenz bei hohem Unterstützungsbedarf, barrierefreien Zugang.

Alle Schriftstücke, die bei Gericht eingehen bzw. die das Gericht verschickt, müssen, wenn notwendig, der/dem zu Betreuenden in Leichter Sprache zugestellt werden.

Die/der zu Betreuende muss das Recht haben, eine Person seines Vertrauens mit zu Gericht zu nehmen. 

Prinzipiell bin ich der Meinung, dass zunächst alle in Frage kommenden Hilfestellungen ausgeschöpft werden müssen, bevor eine Betreuung eingerichtet wird, z. B. eine Alltagsassistenz, oder eine Betreuung durch eine/n Bezugsbetreuer/in.

Den mutmaßlichen Willen ermitteln 

Außerdem muss alles Menschenmögliche getan werden, um den mutmaßlichen Willen der/des Betreuten zu ermitteln.

Ich bin aus mehreren Gründen von der Bevorzugung der ehrenamtlichen Betreuer nicht so begeistert. Diese sind die folgenden:

  • Die von mir eingebrachte Betreuerkammer wäre eine berufsständische Kammer. Dort wären ehrenamtliche Betreuer nicht registriert.
  • In BetreuerInnenvereinigungen, von denen ich nur den BdB (Bund deutscher/der Betreuer) kenne und weiß, dass er ein Beschwerdemanagement hat, welches die anderen BetreuerInnenvereine sicherlich auch haben, können ebenfalls keine ehrenamtlichen Betreuer aufgenommen werden. Damit fällt für die Betreuten eine Beschwerdemöglichkeit weg.
  • Ich habe die Befürchtung, dass, wenn die/der Betreuerin ein/e Erbin/Erbe ist, sie/er die/den zu Betreuende/n finanziell unter Umständen knapp hält, um viel zu erben.
  • Ich halte die Bevorzugung von ehrenamtlichen Betreuern für eine Methode der PolitikerInnen, Geld zu sparen.

Die ungekürzte Fassung dieser Stellungnahme finden Sie auf der Seite des Betreuungsgerichtstags

Ein lachender Mann mittleren Alters steht in einem Garten
Carsten „Casi" „Cassandra" Wiegel 

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