Das wir gewinnt

Leben in einer inklusiven WG:
„Hier bin ich selbstständig“

Natalie Dedreux lebt seit knapp zwei Jahren in einer inklusiven Wohngemeinschaft. Sie ist begeistert, denn: In der WG kann sie selbstständig wohnen. Im Interview erzählt sie, wie das inklusive WG-Leben klappt.

Frau Dedreux, wie und wo wohnen Sie im Moment?

Ich lebe in Köln-Lindenthal in einer WG. Das ist eine inklusive WG. Dort lebe ich mit meiner Freundin Carola, die auch das Downsyndrom hat, und zwei Studentinnen zusammen. Wir wohnen seit Anfang 2020 dort. Ich wollte schon lange in eine WG ziehen. Das war aber schwierig, denn wir haben sehr lange eine Wohnung gesucht. Wir haben das Ganze auch nicht mit einem Träger gemacht, sondern selbst organisiert. So hatten wir mehr Freiheit.

Sie leben jetzt mitten in einem belebten Kölner Viertel.

Das war mir ganz wichtig! Da muss was los sein. Außerdem sollte die Anbindung gut sein. Die Wohnung liegt in der Nähe der Innenstadt und ich bin schnell überall mit der Bahn oder dem Bus. [Beiträge zu inklusiver Mobilität finden Sie hier, Anm. d. Red.]

Was war der Grund, aus dem Sie in eine WG ziehen wollten?

Ich wollte bei meinen Eltern ausziehen, damit ich selbstständig sein kann. [Einen allgemeinen Beitrag über diesen wichtigen Prozess finden Sie auf dem Portal familienratgeber.de , Anm. d. Red.] In einem Wohnheim gibt es aber viele Regeln. Zum Beispiel, wann man raus kann oder wie man sein Zimmer einrichtet. Das wollte ich nicht. In der WG kann ich das alles selbst entscheiden.

Und wie klappt das Leben in der WG?

Die WG ist super! Ich konnte mein Zimmer so einrichten, wie ich wollte. Meine Wände sind zum Beispiel türkis.
Außerdem verstehen wir uns alle gut. Wir machen auch viel zusammen. Zum Beispiel kochen. Oder Spiele spielen. Das gefällt mir gut. Nur beim Thema Aufräumen gibt es manchmal ein bisschen Streit. Da sind die beiden Studentinnen streng.

Wie funktioniert das Selbstständigsein? Brauchen Sie manchmal noch Hilfe?

Es klappt sehr gut. Ich finde es klasse, allein zu entscheiden, was ich mache. Die beiden Studentinnen in der WG helfen mir, den Haushalt zu organisieren. Zum Beispiel putzen oder aufräumen, das mag ich nicht besonders. Deshalb haben wir einen Plan erstellt. Eigentlich leben wir zusammen wie in jeder WG.  

Ein- oder zweimal in der Woche kommen Pädagogen vorbei. Die schauen, ob alles läuft. Sie schreiben dann zum Beispiel Einkaufslisten mit uns. Oder sie helfen uns bei Briefen oder anderen Angelegenheiten.

Worauf haben Sie bei der Wohnungssuche geachtet? Wie muss eine Wohnung sein, damit Sie gut zurechtkommen? 

Wir brauchten genug Zimmer, damit jeder seine Privatsphäre hat. Das ist wichtig. Und in der Wohnung muss ich mich gut orientieren können.

Wie möchten Sie in Zukunft leben?

In der WG ist es super. Ich hoffe, dass wir noch lange hier wohnen. Auf keinen Fall möchte ich so etwas wie Gewalt erleben. Leider passiert so etwas in manchen Einrichtungen, in denen Menschen mit Behinderung leben. Das ist schlimm. Deshalb bin ich froh, in einer netten WG zu leben. Irgendwann möchte ich aber auch mal mit meinem Freund zusammenziehen. Aber das dauert noch.

 
Porträt einer jungen Frau mit Down-Syndrom. Sie trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift: #Inkluencerin
Natalie Dedreux, engagiert sich als Expertin für Down-Syndrom gegen die Abtreibung von Ungeborenen, bei denen auf Grund von vorgeburtlichen Tests das Down-Syndrom vermutet wird. Ihre Internetseite www.nataliededreux.de bietet einen Überblick über ihre Aktivitäten. 

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