Hanteln hoch: Schwitzen Jungs fürs Schönsein?
Früher haben Jungs mit ihren Klamotten Reaktionen beim anderen Geschlecht hervorgerufen. Heute ist es der Körper.
Wirklich unzufrieden sind die meisten Jungs, die hier trainieren nicht. Optimierung ist das Zauberwort. Es geht um ein bisschen mehr Muckis hier, ein paar Zentimeter mehr dort, weiß Michael Sauer vom Institut für Dopinganalytik der Deutschen Sporthochschule in Köln. „Sportlichkeit ist jedenfalls nicht der Hauptgrund, sondern die Ästhetik. Früher haben Jungs mit ihren Klamotten Reaktionen beim anderen Geschlecht hervorgerufen. Heute ist es der Körper.“ Der Druck, gut auszusehen, ist groß. „Die einen wollen ihrer Angebeteten gefallen, andere haben Kumpels, die das machen oder Speck, der weg soll, damit man in der Badehose top aussieht“, zählt Michael Sauer auf, warum vielen die Body-Optimierung so wichtig ist.
Schönsein – für wen?
„Klar, die Optik ist ein cooler Nebeneffekt. Und es verschafft einem einen Vorteil bei den Mädchen, aber das ist nicht alles – der Charakter muss auch passen“, meint Fritz, 17. Ähnlich sieht die Antwort der meisten anderen aus: was zählt sei man selbst, die Meinung anderer: Nebensache. Etwas verzwickter erklärt Denis, 17, die Lage: „Eigentlich bin ich jemand, der morgens aufsteht, einmal mit der Hand durch die Haare fährt – und fertig. Aber Mädchen wollen gerne einen Freund haben, der trainiert ist, glaube ich. Auf Muskelprotze stehen sie aber nicht.“ Er hat sich erst vor kurzem im Fitness-Studio angemeldet. „Noch fühle ich mich wie ein Lauch, wenn ich an der Bank drücke und die Gewichte nicht hochkriege."
Ich ernähre mich vegan, achte auf meine Gesundheit und meinen Körper.
Mir geht es um Fitness, nicht um Muskelaufbau. Aufgepumpte Muskeln sehen oft unproportioniert und albern aus.
Mit riesigen Nebenwirkungen? Pillen & Co
Dicke Oberarme und Stiernacken sind zwar nicht mehr so angesagt, der nächste Mucki-Trend ist aber schon da: Androgynität. „Definierte Muskulatur, möglichst wenig Fett, was sonst nur bei Mädchen Thema war“, so Sportwissenschaftler Michael Sauer. Dafür treiben einige exzessiv Sport, achten auf ihre Ernährung, zählen Kalorien oder helfen mit Nahrungsergänzungsmitteln nach. „Viele nehmen diese, wenn sie mit dem Training beginnen, obwohl sie nichts darüber wissen, gar nicht oder nur schlecht aufgeklärt sind“, erklärt der Experte. Dosiert man Nahrungsergänzungsmittel falsch, sind Pillen & Co. sogar schädlich. Das Problem bei allen Zusätzen: Jungs sind oft ungeduldig und wollen, dass ihr Körper (zu) schnell ein Maximum erreicht. Wer sogar mit Hormonen nachhilft, hat heftige Nebenwirkungen wie Akne. Die Kopfhaare fallen einem aus, die Gesichtshaare sprießen auch an Stellen, wo man sie nicht will. Und das sind nur einige der unschönen Nebeneffekte. Doping? Ist nichts für Tristan. „Das ist kontraproduktiv“, sagt er: „Mir machen die Übungen Spaß!“
Geil aussehen für andere? So einer bin ich nicht!
Text und Fotos (Tristan, Max): Anja Schimanke
Anja Schimanke ist freie Journalistin in Köln. Fitnessstudios kannte sie bislang nur von außen. Für die Story wagte sie sich rein und weiß jetzt endlich: Auch wenn es dort gar nicht nach Pumakäfig riecht, muss man gar nicht unbedingt jeden Tag dort verbringen.