Das wir gewinnt

Schulbegleitung, Schulassistenz, persönliche Assistenz, Pool-Lösung – was ist das überhaupt und wo liegen die Unterschiede / Vor- und Nachteile?

Antwort von Dr. Ute Kaufmann:

Schulbegleiter, Schulassistenten, Integrationshelfer, Inklusionsassistenten, Individualbegleiter üben alle den gleichen Beruf aus. Sie begleiten Schüler mit körperlichen, geistigen und (drohenden) seelischen Beeinträchtigungen auf der Grundlage der Eingliederungshilfe im Schulalltag. Ein Schulbesuch dieser Schüler wäre ohne den Einsatz von Schulbegleitern nicht oder nur eingeschränkt möglich. Aufgabe von Schulbegleitern ist es, dem Schüler den Schulbesuch zuerst einmal zu ermöglichen und dann zu erleichtern. Erleichtern bedeutet aber nicht, dass Schulbegleiter „ihren“ Schüler bei Dingen unterstützen, die dieser eigentlich allein könnte. Die Aufgaben von Schulbegleitern setzen da an, wo der Schüler durch seine Beeinträchtigung bedingt Unterstützung benötigt. Dazu gehören u. a. Unterstützungen im lebenspraktischen Bereich (Begleitung zur Toilette, Wickeln oder Hilfe beim An- und Ausziehen), Strukturierung des Schulalltags (der Tag selber, aber auch das Material) Unterstützung bei Konzentration, Motivation und Fokussierung der Aufmerksamkeit, Eingliederung in die Gruppe, Deeskalation und Reflektion bei Konflikten und Prävention und Schutz bei fremd und selbstgefährdenden Verhalten.

Seitdem jeder Schüler einen Rechtsanspruch auf den Schulbesuch einer Regelschule hat, steigt die Zahl der Schulbegleiter an. Gleichzeitig erweitern sich auch das Aufgabenfeld (s.o.) und die Betreuungsmodelle. Früher wurden Schulbegleiter im Rahmen ihres Zivildienstes oder des freiwilligen sozialen Jahres an Förderschulen in einer 1:1 Begleitung eingesetzt. D.h. ein Schulbegleiter unterstützte einen Schüler. Heute überwiegen weiterhin die 1:1 Begleitungen. Parallel dazu entwickeln sich aber auch weitere Modelle wie das 1:2 (auch Tandem genannt), 1:3 und das Klassenhelfermodell. Auch die Zahl der Pool- bzw. Budgetschulen nimmt zu.

Das gängigste Modell, die 1:1 Betreuung, hat den Vorteil, dass sich ein Schulbegleiter nur um einen Schüler kümmern muss. Er kann sich ihm ganz widmen und muss sich nur auf ihn konzentrieren. Gleichzeitig können in diesen Vorteilen auch Gefahren liegen. Der Schulbegleiter muss aufpassen, dass sich sein Schüler nicht zu sehr auf ihn verlässt. Auch begleitete Schüler müssen (sofern möglich) z. B. lernen, um Hilfe zu fragen. Sie sollen soweit wie möglich selbständig und unabhängig werden. Sitzt aber permanent jemand neben ihm, ist die Verlockung natürlich groß, den einfachsten Weg zu gehen. Das 1:1 Modell bringt zwei weitere Nachteile mit sich. Es ist zum einen immer darauf zu achten, dass der Schüler durch die Schulbegleitung nicht stigmatisiert wird und die Akzeptanz des Schulbegleiters durch den Schüler kann in diesem Modell mit zunehmendem Alter des Schülers sinken. Gerade bei Schülern in der Pubertät ist zu beobachten, dass sie so sein wollen wie ihre Mitschüler. Sie wollen selbständig und unabhängig sein. Ein Schulbegleiter an der Seite begünstigt diesen Wunsch nicht unbedingt.

Die Gefahren der möglichen Stigmatisierung oder der mangelnden Akzeptanz sind in 1:2 / 1:3 Betreuung niedriger. Denn unterstützt ein Schulbegleiter zwei oder sogar drei Schüler, steigt sein Stellwert und damit die Akzeptanz in der Klasse. Hilfe anzunehmen wird „normaler“, wenn man nicht der einzige ist, der diese benötigt. Eingesetzt werden solche Begleitungen, wenn mehrere Schüler in einer Klasse Unterstützung benötigen, sie aber auch eine gewisse Selbständigkeit haben und so keine rundum Begleitung nötig ist. Befinden sich 2 oder 3 Schüler mit derartigen Bedarfen in der Klasse, bekommen sie einen gemeinsamen Schulbegleiter. Dies klingt erst einmal nach Mehrarbeit für den Schulbegleiter, ist es aber nicht, da die Schüler wie geschrieben keinen vollumfänglichen Unterstützungsbedarf haben. Für die Schüler ist dieses Modell von Vorteil, weil sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten lernen müssen, für sich selbst verantwortlich zu sein, nach Hilfe zu fragen und auch mal abzuwarten. Um allen zu betreuenden Schülern gerecht werden zu können, sind klare und regelmäßige Absprachen mit den Lehrern Voraussetzung für ein gutes Gelingen.

Ein Klassenhelfer wird in Klassen eingesetzt, die mehrere Schüler mit Unterstützungsbedarf besuchen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Lehrer und Schulbegleiter sind hier Voraussetzung. Schulbegleiter und Lehrer haben die Möglichkeit den Einsatz des Schulbegleiters flexibel zu handhaben. Sie können immer wieder aufs Neue entscheiden, welcher Schüler wann welche Unterstützung benötigt. Die Gefahr der Stigmatisierung und der mangelnden Akzeptanz sind gering.

Pool- und Budgetschulen liegt ein anderes Konzept zugrunde. Die Träger stellen der Schulen eine bestimmte Anzahl - d. h. einen Pool - an Schulbegleitern zur Verfügung. Diese werden normalerweise einer festen Klasse oder einem bestimmten Schüler zugeordnet. Schule und Schulbegleiter sind aber flexibel in der Einteilung. Ist z. B. bei einem Ausflug mehr Unterstützung nötig, können die Schulbegleiter flexibel zugeteilt werden. Neben der hohen Flexibilität ist ein entscheidender Vorteil, dass die Träger andere Arbeitsmöglichkeiten haben. Da meist nur ein Träger pro Schule die Schulbegleiter stellt, können z. B. Teamsitzungen und Mitarbeitersprechtage eingerichtet werden. Auch extra auf die Schulen zugeschnittene Fortbildungen können angeboten werden.

Zusammenfassend kann man festgehalten, es gibt verschiedene Modelle in der Schulbegleitung. Jedes Modell hat allgemein gesehen seine Vor- und Nachteile. Um das richtige Modell zu finden, muss individuell nach den Bedarfen jedes Schülers auch unter Berücksichtigung der Klasse und der Schulform entschieden werden.

Wie der Name schon sagt, begleiten Schulbegleiter ihre Schüler während der Schulzeit. Viele Schüler benötigen ihren Schülerbegleiter nur für einen gewissen Zeitraum. Dies können einige Monate oder auch Jahre sein. Andere sind aufgrund ihrer Beeinträchtigung bis zu ihrem Schulabschluss auf einen Schulbegleiter angewiesen. Für einige dieser jungen Menschen ist ein selbständiges Leben ohne Begleitung nach dem Schulabschluss auf Grund Ihrer Beeinträchtigung nicht möglich. Aber auch hier gibt es Möglichkeiten Unterstützung zu bekommen, abgestimmt auf die Bereiche, in denen Unterstützung nötig ist. So gibt es z. B. eine Arbeitsassistenz, eine Studienassistenz oder auch eine umfassendere persönliche Assistenz, die selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Im Falle einer persönlichen Assistenz wird abgestimmt, wann und in welchen Bereichen eine Assistenz nötig ist. Dies kann z. B.. in der Pflege, im Haushalt oder in der Freizeit sein.


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