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Inklusion in der Schule
Was bedeutet Inklusion in der Schule?
Mitmachen, mitreden, mitarbeiten – egal ob ein Mensch eine Behinderung hat oder nicht. Darum geht es beim Begriff Inklusion. In der Schule bedeutet Inklusion also: Kinder mit und ohne Behinderung lernen gemeinsam. Fachleute würden sagen: Kinder mit und ohne Förderbedarf lernen gemeinsam.
Ein solcher Förderbedarf kann bei Kindern aus ganz unterschiedlichen Gründen festgestellt werden:
- Das Kind hat eine Seh- oder Hörbeeinträchtigung.
- Das Kind hat Schwierigkeiten beim Lernen.
- Das Kind hat Schwierigkeiten beim Sprechen.
- Das Kind hat eine körperliche oder motorische Beeinträchtigung.
- Das Kind hat eine chronische Krankheit.
- Das Kind ist in seiner emotionalen Entwicklung und im Sozialverhalten auffällig.
- Das Kind zeigt autistisches Verhalten.
Einen gemeinsamen Unterricht für Kinder mit und ohne Behinderung gab es in manchen Bundesländern schon, bevor der Begriff Inklusion so breit diskutiert wurde. Aber erst nachdem Deutschland im Jahr 2009 die -Konvention über die Rechte von Menschen mit BehinderungUN ratifiziert hat, ist Inklusion in der Schule ein Muss. Denn in Artikel 24 der Konvention heißt es, dass „Menschen mit Behinderung gleichberechtigt Zugang zu einem inklusiven, hochwertigen und unentgeltlichem Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben“ sollen.
Inklusion bringt große Veränderungen, wenn sie konsequent umgesetzt wird. Kinder mit Behinderung werden dann nicht länger an Förderschulen unterrichtet, sondern kommen an die regulären Schulen. Dort gestaltet nicht mehr eine Lehrerin oder ein Lehrer allein den Unterricht, sondern sie arbeiten mit einer Kollegin oder einem Kollegen aus der Sonderpädagogik zusammen.
Je nach Bedarf haben einzelne Kinder außerdem Assistenten an ihrer Seite. Und im Unterricht werden die persönlichen Voraussetzungen der Kinder berücksichtigt: Durch individuelles Lerntempo, spezielle Arbeitsblätter, Gruppenarbeit. Kinder mit Sehbehinderung können sich über ihren Computer mit der elektronische Tafel verbinden, für Kinder mit Hörbehinderung wird auf gute Raumakustik geachtet.
Bundesweit liegt der Anteil von Kindern mit Förderbedarf, die inklusiven Unterricht besuchen, nach Berechnungen aus dem Jahr 2017 bei gut 37 Prozent (im Schuljahr 2015/16). Innerhalb Deutschlands schwanken die Zahlen zwischen rund 25 (Hessen) und etwa 65 Prozent (Schleswig-Holstein).
Der Grund: Bildung ist Ländersache, und jedes Bundesland geht die Umsetzung der Inklusion anders an. Während die einen Länder eine Förderschule nach der anderen schließen, richten andere lieber erst einmal Schwerpunkte für die unterschiedlichen Förderbedarfe an einzelnen Regelschulen ein.
Die Statistiken sind allerdings auch deswegen nicht allzu aussagekräftig, weil die zugrunde liegenden Zahlen unterschiedlich sind. Ein Beispiel: Ob ein Kind Förderbedarf hat oder nicht, wird von Land zu Land (und von Stadt zu Stadt) anders entschieden. So taucht es an einem Ort in der Statistik auf, am anderen Ort aber nicht.
Wer wissen will, wie ernst es ein Bundesland mit der Inklusion meint, muss also genau hinschauen, viel lesen und sich informieren: Gesetze, politische Konzepte (z. B. die Aktionspläne der Landesregierungen ), Finanzierung, die Inhalte von Lehrerausbildung und -fortbildung, Beratungs- und Unterstützungsangebote für Kinder, Eltern und Schulen lassen Rückschlüsse darauf zu.
Und wie kann Inklusion gelingen?
Tatsache ist: Die Umsetzung der Inklusion läuft nicht an allen Schulen gut. So entsteht bei vielen Menschen der Eindruck, Inklusion an sich sei der falsche Weg. Dass Inklusion aber an vielen Schulen gelingt, wird häufig übersehen. Und auch, dass für einen erfolgreichen inklusiven Unterricht eben bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen.
Zuallererst braucht es den Rückhalt durch die Politik: Land und Kommunen müssen Reformen in der Schulorganisation anstoßen und ermöglichen. Ob es nun um bauliche Veränderungen oder um Unterrichtskonzepte geht. Sie müssen Lehrerinnen und Lehrer auf die neue Vielfalt in den Klassenzimmern vorbereiten und zusätzlich Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen in den Schulen einsetzen. Und die Politik muss bereit sein, dafür Geld zu geben.
Aber: Geld ist nicht alles. Inklusion ist auch eine Frage der Haltung. Lehrerinnen und Lehrer müssen – ebenso wie die Eltern von Kindern ohne Behinderung – offen für die Veränderungen in der Schule sein und konstruktiv zusammen arbeiten. Der Erfolg von schulischer Inklusion hängt also stark von den Menschen vor Ort ab.
Alle Beteiligten müssen sie wollen!
Das sagt...
... Silke Henningsen (Lehrerin)
An Integrierten Gesamtschulen gehört das gemeinsame Leben und Lernen von Kindern mit verschiedenen Voraussetzungen seit jeher zum Konzept. Einige Schulen haben auch schon lange Erfahrungen im Gemeinsamen Unterricht. Alle Schülerinnen und Schüler werden in den Blick genommen: Die Kinder, die schnell lernen und diejenigen, die etwas langsamer lernen. Die Kinder, die über das Lesen lernen und diejenigen, die eher über das Tun lernen. Für Inklusion brauchen wir Visionen, Mut, Haltung und Ressourcen (und zwar nicht nur Förderlehrkräfte!). Natürlich macht Inklusion manchmal Mühe – aber das tut Schule immer. Aufgeben geht auf keinen Fall! Mir macht es Spaß, Schule neu zu denken, Konzepte zu erproben und die Kinder wachsen zu sehen. So versuche ich jeden Tag meinen Teil beizutragen, dass es irgendwann normal ist, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen. So normal, wie es heute ist, dass Mädchen und Jungen gemeinsam lernen.
... Alexandra Cremer (Mutter von einer Tochter mit Behinderung)
Es gibt „natürliche Inklusionstalente“ unter den Lehrerinnen und Lehrern, und dann funktioniert Inklusion überraschend gut. Insbesondere, wenn die Lehrkräfte ein grundsätzlich wertschätzendes Menschenbild haben und ihre Haltung stimmt. Dann ist fast alles möglich – sogar ganz ohne Weiterbildung! Ich verstehe zwar die Rufe nach mehr Ressourcen für die Schulen. Aber manchmal habe ich den Verdacht, dass dahinter vor allem der Wunsch steckt, sich der Veränderung zu entziehen. Unterstützung durch Förderlehrkräfte wird genutzt, um das Lernen von Kindern mit Förderbedarf zu delegieren, so dass Regelschullehrkräfte sich weiterhin um die Kinder ohne Behinderung kümmern können. Dann ändert sich, trotz Inklusion, nicht wirklich etwas an ihrem Berufsbild. Wir Eltern von Kindern mit Behinderung haben die Aufgabe, die Eltern nicht behinderter Kinder aufzuklären. Denn an inklusiv arbeitenden Schulen möchte man das Thema Behinderung und Inklusion häufig nicht besprechen – weil man es angeblich „lebt“. Ergebnis sind, spätestens in der Pubertät, Parallelwelten. Hier sind Eltern und Lehrkräfte gleichermaßen gefragt: Verstehen und Erklären hilft sehr!
... Katrin Schilling (Mutter von zwei Söhnen ohne Behinderung)
Bevor unser Sohn eingeschult wurde, war das Thema Inklusion für uns keines. Ich wusste nur aus Erzählungen, welche Vorbehalte es gibt. Auf der Einschulungsfeier erfuhren wir dann, dass unser Sohn in eine i-Klasse kommt, in der eine Klassenlehrerin und eine Förderschullehrerin gemeinsam unterrichten. Heute kann ich sagen: Inklusion ist bei uns immer noch kein großes Thema. Unser Sohn erzählt von den beiden Kindern mit Behinderung nicht mehr oder weniger als von den anderen. Und ich frage absichtlich nicht mehr nach als bei anderen Kindern – weil ich die beiden nicht als ungewöhnlich herausheben möchte. Manchmal würde ich mir mehr Informationen über das Schulkonzept für die Inklusion und die Umsetzung wünschen. Auch über Erfolge oder Schwierigkeiten wüsste ich gerne mehr. Aber eines ist mir auch so bewusst: Wir sind in der glücklichen Lage, dass die Förderschullehrerin viele Stunden mit im Unterricht ist und dass die beiden Kinder täglich von zwei Integrationshelfern begleitet werden. Außerdem ist die Klasse mit 20 Schülern ziemlich klein. Das bedeutet, dass der Anteil an Erwachsenen im täglichen Unterricht recht hoch ist. Aber es bietet gleichzeitig die Chance, dass alle Kinder die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen.