Eine Frage der Haltung
Bei der Arbeit von Pädagogen geht es selbstverständlich viel um Fachwissen, Methoden und Ressourcen. Mindestens genauso wichtig ist aber die Frage der Haltung. Sie spielt im Zusammenhang mit Inklusion eine besondere Rolle. Doch was bedeutet Haltung im Kontext von Schule oder außerschulischem Lernen überhaupt?
Pädagog*innen, die sich mit ihrer Haltung befassen, stellen sich unterschiedliche Fragen, die beispielsweise lauten können:
- Welche Privilegien genieße ich? Wie wirken sich diese auf mein Denken, Handeln oder Unterrichten aus?
- Welche Normvorstellungen habe ich? Warum ist das so?
- Wie definiere ich mich als Pädagoge? Welches Verständnis habe ich von Lehren und Lernen und warum?
- Welche Methoden nutze ich? Wie sind sie strukturiert? Was setzen meine Methoden bei den Kindern und Jugendlichen voraus? Wie sehr gehen meine Methoden auf die verschiedenen Bedürfnisse und Fähigkeiten ein?
- Was möchte ich beim Sozialen Lernen mit und für Kinder und Jugendliche erreichen? Gestalte ich meinen Ablauf für alle interessant?
Auch in Bezug auf ein einzelnes Kind lässt sich die Haltung hinterfragen:
- Wie fühle ich mich in Bezug auf das konkrete Kind? Ist es mir sympathisch?
- Möchte ich mit dem Kind interagieren? Möchte ich ihm helfen?
- Welche Vorstellungen habe ich über die Fähigkeiten des Kindes? Welche Rechte schreibe ich dem Kind zu?
Index für Inklusion
Übrigens: Viele Schulen, Kitas, andere Einrichtungen und Träger arbeiten beispielsweise mit dem „Index für Inklusion“, um ihre Haltung zu hinterfragen und vor allem eine gemeinsame inklusive Haltung zu entwickeln.
Einstellungen sind zunächst einmal starre Konzepte. Sie zu verbessern oder zu ändern funktioniert nur, wenn Pädagogen im schulischen aber auch außerschulischen Bereich feststellen, dass dies für ihre persönlichen Themen und ihre Arbeit relevant ist. Fest steht: Die Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung ist für Pädagogen und Institutionen ein dauerhafter Prozess, der Zeit, Kraft, Aufwand und Ausdauer braucht.
Haltung kann nicht verordnet werden – sie entwickelt sich durch kontinuierlichen Austausch und die Bereitschaft zu Perspektivwechseln. Am Ende hat die Haltung der Pädagogen auch eine große Vorbildfunktion für Kinder und Jugendliche. Wie gut Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf in inklusiven Settings von der Gruppen- oder Klassengemeinschaft aufgenommen werden, hat nämlich auch mit Exempel der Pädagogen zu tun.
Strukturen schaffen
Damit Inklusion in Schulen aber auch in außerschulischen Bildungseinrichtungen gelingt, ist es wichtig, dass die handelnden Akteure dem Thema positiv gegenüberstehen und eine entsprechende Haltung zeigen. Darüber hinaus braucht es geeignete Strukturen, die Pädagogen in ihrer Arbeit unterstützen. So braucht es neben den finanziellen und personellen Ressourcen vor allem auch Zeit und Konzepte für die Zusammenarbeit von Kollegen und multiprofessionellen Teams. Regelmäßige Treffen sind wichtig für den Erfahrungsaustausch, die Planung und Umsetzung neuer Konzepte aber auch die Auswertung der Lern- und Verhaltensentwicklung einzelner Schüler. Eine Feedbackkultur und kontinuierliche Supervision müssen von Leitungsebenen fest im Konzept der Schule oder in der Arbeit von außerschulischen Trägern verankert sein. An supervisionsnahen Treffen nehmen beispielsweise Klassenlehrer, Sonderpädagogen, Schulpsychologen, Schulsozialarbeiter und auch Eltern teil.