Das wir gewinnt

Gutes Beispiel für digital-inklusive Bildung
Förderschule Elfenwiese

Der Schriftzug der Schule Elfenwiese.

Für den Hamburger Förderschullehrer Fabio Priano gehört digitales, inklusives Arbeiten zum normalen Schulalltag. Um alle seine Schüler*innen im gemeinsamen Unterricht mitzunehmen, setzt er vor allem auch auf IPads. Im Interview berichtet er, wie “die Elfenwiese” in Hamburg den digitalen Sprung geschafft hat, warum die „Smartboard-Pause“ an der Schule ein Erfolgsfaktor war und was Tablets mit Chancengleichheit zu tun haben. 

Herr Priano, warum war es für Sie wichtig, digitale Bildung an Ihrer Schule voranzutreiben?  

Für mich bedeutet digitale inklusive Bildung Chancengleichheit, weil man dadurch viele Defizite von Schüler*innen ausgleichen kann, wie z.B. beim Lesen: das kann man super durch “Text-To-Speech" oder durch Tondateien ausgleichen. Man kann das ganz gut mit Physiotherapie vergleichen: Ich kann nicht laufen, also bekomme ich einen Rollstuhl, ich kann nur eingeschränkt laufen, also bekomme ich Prothesen oder Laufgeräte. Oder ich habe Wahrnehmungsprobleme, also mache ich verschiedene Übungen mit Geräten. Ich glaube, genau das machen die digitalen Werkzeuge im Unterricht auf einer anderen Ebene. Sie schaffen es, den Schüler*innen zu zeigen, welche Defizite sie damit ausgleichen können und welchen Mehrwert sie davon für sich selbst haben und ich glaube darum geht es: Ihnen zu zeigen: Wenn du das benutzt, bist du in dem Bereich selbstständiger und bist nicht mehr auf Hilfe angewiesen.  

Unsere Schüler*innen sind von Anfang auf Hilfe angewiesen und kennen es gar nicht, sich so abzunabeln, wie es Kinder ohne Förderbedarf machen, die gehen ja ganz schnell ihren Weg. Wenn ich da an Tim denke: der hat eine Erkrankung, die ihn immer schwächer werden lässt. Im Gegensatz zu anderen Schüler*innen, die mehr Fortschritte machen, macht er Rückschritte. Da schaffe ich es mit digitalen Medien, Sachen auszugleichen und ihm auch zu zeigen: Du bist genauso dabei wie alle anderen in diesem Bereich, wenn du dieses Medium benutzt. 

Dazu ist es für mich lebensweltorientiert und zukunftsorientiert. Ich glaube das Digitale wird auch in der Schule immer mehr und mehr, weil es einfach die Lebenswerte der Schüler*innen trifft. Die wachsen mit diesen Geräten auf und sind dementsprechend motiviert. 

Hätten wir gewartet bis alle soweit sind, dann wären wir nicht da, wo wir jetzt sind.

Fabio Priano, Förderschullehrer Elfenwiese

Was waren die wichtigsten Schritte auf dem Weg zu einer digitalen, inklusiven Schule?  

Das Thema Digitalisierung war bei unserem Schulleiter schon sehr weit oben in der Priorisierung, er hat sich auch um den finanziellen Rahmen gekümmert. Wir haben dann gemeinsam entschieden: Der erste Schritt ist, überall Smartboards in den Klassenräumen zu installieren. Dann war die Überlegung: Jede Klasse braucht zwei PCs, und schließlich sind wir an die IPads gegangen. So ist es Schritt für Schritt mehr geworden: Immer mal wieder neue Projekte, immer mehr Geräte und die Kolleg*innen haben immer mehr versucht, die Geräte auch zu nutzen. Natürlich auch durch die Schulungen, die wir angeboten haben. So ist es Schritt für Schritt gewachsen, auch dadurch, dass wir es einfach gemacht haben und nicht alle gefragt haben. Wir haben z.B. anfangs einfach die Tafeln rausgenommen und gesagt: „Du kriegst nächste Woche ein Smartboard“. Ich glaube, so schafft man Notwendigkeiten, sich damit auseinanderzusetzen. Aber auf der anderen Seite muss man die Kolleg*innen natürlich mitnehmen und auch sagen: „Wenn du Hilfe brauchst, dann frag mich“ und man muss immer ansprechbar sein, auch wenn es irgendwann viel Arbeit ist. Außerdem muss man immer wieder sagen: „Vernetzt euch auch untereinander“.  Ich glaube, wenn man das vor sieben Jahren gemacht hätte, als ich angefangen habe, wäre die Skepsis teilweise groß gewesen. Jetzt ist es nicht mehr so, aber hätten wir gewartet bis alle soweit sind, dann wären wir nicht da, wo wir jetzt sind.  
Fabio Priano, ein junger Mann mit kurzen braunen Haaren und Drietagebart.

Fabio Priano

... ist leidenschaftlicher Pädagoge und Experte für digitalen Unterricht. An seiner Schule, der Elfenwiese in Hamburg, einer Förderschule mit Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung, hat er maßgeblich dazu beigetragen, digitale Medien im Schulalltag zu verankern. Seine Expertise in Sachen inklusiver, digitaler Bildung teilt er nicht nur mit Kolleg*innen. Als erfahrener Praktiker referierte er auch schon vorm Expertenkreises Inklusive Bildung der Deutschen UNESCO-Kommission. Außerdem ist er Teil des Netzwerks digitale Bildung. 

Schule Elfenwiese (Hamburg)


Schulform:

Ganztags-Sonderschule mit primärem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung

Anzahl Schüler*innen:

200 (alle mit Förderbedarf)

Anzahl Lehrkräfte:

rund 100 Mitarbeitende (Lehrer*innen, Erzieher*innen, Therapeut*innen)

Schulträger:

Stadt Hamburg

Digital seit:

2014

Technische Ausstattung:

1 SMART-Board oder -Panel in allen Klassen- und Fachräumen, 2 PCs pro Klassen- oder Fachraum, 1 Klassen-iPad pro Klassenraum, Computerraum mit 10 Arbeitsplätzen, 2 Laptopwagen mit je 10 Geräten sowie 2 iPad-Koffer mit je 10 Geräten zum flexiblen Einsatz im Klassenraum

Erfolgsfaktor für inklusive digitale Bildung

Smartboard-Pause

Wie haben Sie es geschafft, im Kollegium alle mitzunehmen?  

Der entscheidende Schlüssel war bei uns die „Smartboard Pause“. Vorher hatte ich regelmäßig Fortbildungen im Kollegium gegeben: drei Stunden Einsteiger*innen-Fortbildung für das Smartboard. Ich bin da eigentlich immer rausgegangen mit dem Gefühl, die Hälfte der Kolleg*innen hat nichts mitgenommen. Dann haben wir die “Smartboard Pause" eingeführt: 20 oder 30 Minuten in der Woche - da habe ich dann jeweils nur eine kleine Sache gezeigt. Dadurch haben sich relativ bald kleine Gruppen gebildet. Vor allem die, die noch recht viele Berührungsängste hatten, haben sich auch untereinander getroffen und sind dann mit konkreten Fragen gekommen. Für alle war es okay eine kleine Hürde zu nehmen und nicht diese große Hürde. Für die Fortbildungen ist es wichtig, konkret an Unterrichtsbeispielen zu arbeiten und konkrete Tools an die Hand zu geben, die die Kolleg*innen für den Einstieg nutzen können.

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