Das wir gewinnt

Olga Nevska: Auf zur geteilten Mobilität für alle! 

Die Geschäftsführerin der Telekom MobilitySolutions beschäftigt sich mit Digitalisierung und Daten um eine nachhaltige, bedarfsorientierte und garantierte öffentliche Mobilität für alle zu ermöglichen. In ihrem folgenden Beitrag beschreibt sie ihre Vision barrierefreier, digital vernetzter Mobilitätsketten.
Das Thema Mobilitätswende ist sowohl am Frühstückstisch deutscher Familien als auch in den Chefetagen der Unternehmen angekommen. Das ist gut und richtig so. Denn Klima und Straßen müssen entlastet werden. Also sind auch wir Arbeitgeber aufgefordert, unseren Beitrag zu leisten. Ist doch der tägliche Pendelverkehr einer der wesentlichen Verursacher umweltschädlicher Treibhausgase. Und diese sollen, so sagt es der Klimapakt von November 2021, bis 2030 um 45 Prozent reduziert werden. Einfach zuzuschauen und den Blick auf die Politik zu richten, ist da keine Option mehr. Wir alle müssen handeln!  

Mobilität ist divers

Aber betrachten wir das Thema mit dem erforderlichen ganzheitlichen Blick? Häufig wird nachhaltige Mobilität gleichgesetzt mit dem Umstieg auf den Elektromotor. Im Stau stehen wir dann weiterhin, und der eigene Pkw bleibt das bevorzugte Transportmittel. Kein Wunder! Es fehlen bis heute attraktive Angebote, die den komfortablen Umstieg auf öffentliche, geteilte Mobilitätsformen ermöglichen. Außerdem wird neben dem ökologischen Wandel häufig der soziale Wandel vergessen. Wir müssen Mobilität für viele unterschiedliche Menschen und Bedürfnisse designen. Auch für diejenigen, die heute aufgrund ihres Wohnorts, ihrer finanziellen Mittel oder einer Beeinträchtigung keinen oder eingeschränkten Zugang haben. Mobilität ist Freiheit, Lebensqualität und Teilhabe. Und dabei spielt Digitalisierung eine Schlüsselrolle. Die Zukunft der Mobilität ist intelligent und vernetzt. Sie muss für jede Person und für jeden Anlass das passende und bedarfsgerechte Verkehrsmittel bieten. Der Weg dahin ist allerdings erst frei, wenn der Verzicht auf den Pkw, der einen Großteil des Tages ungenutzt in der Garage steht, nicht den Verzicht auf Mobilität bedeutet. Der Umstieg wird nur gelingen, wenn öffentliche Verkehrsmittel genauso einfach und jederzeit verfügbar sind wie das eigene Auto.  
Olga Nevska, eine Frau mit langen blonden Haaren und pinkem Lippenstift.
Olga Nevska verantwortet die Transformation der zweitgrößten deutschen Unternehmensflotte zu einem innovativen Mobilitätsanbieter und setzt sich hierbei für nachhaltige, geteilte und vernetzte Mobilität ein 

Digitalisierung ist der Schlüssel  

Unsere Vision als Deutsche Telekom ist es, die digitale Welt von morgen zu gestalten. Wir bringen Menschen zusammen und machen ihnen das Leben leichter. Deshalb sehen wir es auch als unseren Auftrag, nachhaltige und garantierte Mobilität für alle Mitarbeitenden und darüber hinaus zu verwirklichen. Die Digitalisierung macht es möglich, allen Nutzer*innen das bestmögliche flexible Mobilitätserlebnis zu bieten. Deshalb testen wir ab Herbst 2022 eine von uns entwickelte digitale Plattform, die Verkehrsträger aller Art miteinander vernetzt. 

Über eine innovative App greifen Pendler*innen und Reisende damit künftig auf eine Vielzahl an öffentlichen Verkehrsmitteln einer Region zu. Die App konfiguriert die gewünschte Strecke passend zu den persönlichen Präferenzen und Einschränkungen der Reisenden. Von der Planung über die Buchung und Durchführung bis zur Rechnung über alle Anbieter hinweg – die Kund*innen erhalten alles aus einer Hand. Angeschlossen werden Angebote des öffentlichen Nahverkehrs, Mikromobilitätsdienste, aber auch die Segmente Car Sharing, Ride Pooling und firmeneigene Verkehrsmittel wie Shuttleservices oder Leihräder. Durch die Partnerschaft zwischen Telekom und den Stadtwerken Bonn wird zunächst der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und damit der Großraum Köln-Bonn erschlossen, weitere werden folgen.  

Deutschland, deine Daten 

Sind wir also kurz vor dem Ziel? Nicht ganz. Um die wichtigsten Verkehrsmittel in einer Plattform zu integrieren, müssen wir Daten sammeln und auswerten, mit denen sich ein genaues Bild der Mobilitätssituation und -bedürfnisse zeichnen lässt. Auch die Daten öffentlicher Verkehrsanbieter werden benötigt, um zum Beispiel ungenutzte Fahrzeuge und Kapazitäten zu identifizieren oder Leerfahrten beziehungsweise Leerstände zu minimieren. Deutschland hinkt jedoch hinterher, wenn es darum geht, Mobilitätsdaten für neue Angebote und Dienste nutzbar zu machen. Die notwendigen offenen Datenschnittstellen fehlen, die Integration wichtiger Verkehrsmittel ist nicht möglich. Warum ist es im Mobilitätssektor schwieriger als in anderen Branchen, notwendige Daten zugänglich zu machen? Obwohl es nicht einmal um die Nutzung von personifizierten Daten geht wie zum Beispiel bei Playern wie Amazon. Es sollen lediglich aus der riesigen Menge an Bewegungsdaten, die jeder von uns jeden Tag hinterlässt, Rückschlüsse gezogen werden. Nur durch diese Verdichtung wird aus Rohdaten das Wissen gewonnen, das es uns erlauben wird, unsere Städte und unser direktes Umfeld ressourcenschonender zu gestalten. Dann wird es sich auch lohnen, ländliche Gebiete weiter mit organisiertem Personennahverkehr zu versorgen – nur nicht mehr nach Fahrplan, sondern immer dann, wenn es einen wirklichen Bedarf gibt, also on demand. In den Ballungszentren werden dann nicht mehr große Linienbusse eingesetzt, weil es zu einem bestimmten Zeitpunkt einen punktuellen Bedarf gibt, sondern kleinere, kosten- und verbrauchsgünstigere Einheiten. Oder es wird für eine ausreichende Anzahl von Mikromobilitätsmitteln gesorgt. Wie das funktionieren kann, lässt sich bereits in mehreren skandinavischen Ländern beobachten. Dort hat die Politik den Weg für datenbasierte Mobilitätsmodelle geebnet. Und die Ergebnisse sprechen für sich: Die Mobilitätslandschaft wurde vitalisiert, und neue Angebote sind entstanden. Auch in Deutschland muss das Recht auf Datenzugriff schnellstmöglich ausgeweitet werden, der Gesetzgeber sollte mehr Wettbewerb zulassen.  
Skizze: Eine Frau steht an einer Bahnhaltestelle und schaut auf ihr Smartphone. Im Hintergrund sieht man eine Bahn.

Die Mobilität der Zukunft muss für alle zugänglich und bezahlbar sein.

Verantwortung übernehmen und teilen lernen  

Die Mobilität der Zukunft muss für alle zugänglich und bezahlbar sein. Durch die Bündelung bestehender und neuer Mobilitätsformen in digitalen Plattformen ist dies möglich, und daran arbeiten wir als einer der großen Digital Player im Lande zusammen mit unseren Partnern. Ein ebenso bedeutender Baustein zum Erfolg ist jedoch, dass wir endlich umdenken. Teilen muss zur Normalität werden! Wir leben im Zeitalter der Sharing Economy und lernen seit Jahren die geteilte Nutzung von Ressourcen. Elektronische Marktplätze, soziale Netzwerke und neue Geschäftsmodelle machen es möglich. Wir teilen Wissen (Wikipedia), Wohnraum (Airbnb), Fahrzeuge (von Uber bis E-Scooter), Lebensmittel (Foodsharing) und mehr. Auch für die geteilte Mobilität der Zukunft gibt es viele Ideen, gute technische Voraussetzungen und vielversprechende Projektansätze. Wenn alle Protagonisten ihrer Verantwortung nachkommen und das Thema Mobilität gemeinsam, mutig und ganzheitlich angehen, werden wir hoffentlich bald von den Auswirkungen profitieren können.  

Dieser Beitrag ...

ist als Gastbeitrag in der Studie Inklusionsbarometer Mobilität 2022 erschienen, für die das Meinungsforschungsinstitut Ipsos im Auftrag der Aktion Mensch Menschen mit und ohne Behinderung nach ihren Mobilitätserfahrungen befragt hat.


Die Studie selbst finden Sie hier

Das könnte Sie auch interessieren