Das wir gewinnt

Rückblick: Protesttag 5. Mai 2022

Illustration: Ein Kreis, der aus vielen kleinen bunten Kreisen besteht, rast auf eine Zielflagge zu. Darunter steht: Tempo machen für Inklusion - barrierefrei zum Ziel!

2022 fanden rund um den 5. Mai zum 31. Mal bundesweit Aktionen zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen statt.

30 Jahre und nur ein bisschen weiter? Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen und neue nationale Gesetze und Richtlinien traten in Kraft. Einiges hat sich entwickelt, bei anderen Themen gibt es noch viel zu tun. Eines davon ist die fehlende Barrierefreiheit in vielen Bereichen.

Darauf wollte die Aktion Mensch im Aktionszeitraum vom 23.04. – 08.05.2022 aufmerksam machen. Gemeinsam mit Verbänden und Organisationen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe rief sie daher alle Menschen dazu auf, aktiv zu werden und Teilhabe-Barrieren sichtbar zu machen.

Mobilität und Barrierefreiheit
Aktion Mensch-Umfrage zum 5. Mai 2022

Barrieren führen zu weniger Flexibilität im Alltag

“Seit Januar [2022] sind die Kommunen per Gesetz dazu verpflichtet, den ÖPNV barrierefrei zu gestalten. Obwohl es bereits Fortschritte gibt, ist das bei den meisten Kommunen noch nicht der Fall. […] Auch die Umfrageergebnisse bestätigen: Es gibt weiterhin akuten Handlungsbedarf bei den Themen Barrierefreiheit und Mobilität”, erklärt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.

So gaben jeweils 26 Prozent der Befragten mit Beeinträchtigung an, häufig auf nicht barrierefreie Bahnhöfe oder Haltestellen bzw. öffentliche Verkehrsmittel zu stoßen. Im Vergleich dazu sind es bei den Befragten ohne Beeinträchtigung nur rund 20 Prozent. Bei den Befragten mit einer geistigen Beeinträchtigung stoßen sogar mehr als die Hälfte – 54 Prozent – auf einen nicht barrierefreien ÖPNV.

Darüber hinaus sind es häufig vermeintlich kleinere Barrieren, die im Alltag als störend wahrgenommen werden: Von kurzen Fußgänger- und Ampelschaltungen fühlt sich knapp ein Drittel der befragten Menschen mit Beeinträchtigung häufig eingeschränkt.

Die individuelle Mobilität von Menschen mit Beeinträchtigung ist von weniger Flexibilität und zeitlichem Mehraufwand gekennzeichnet: So können mehr als die Hälfte der Menschen ohne Beeinträchtigung (54 Prozent) alltägliche Wege in bis zu 20 Minuten erledigen, was nur rund ein Drittel (34 Prozent) der Befragten mit starker Beeinträchtigung schafft. Fast eine*r von zehn Befragten, die sich im Alltag stark beeinträchtigt fühlen, benötigt für solche Wege sogar länger als eine Stunde.

Mangelnde Barrierefreiheit sorgt für Unsicherheit und fehlendes Selbstvertrauen

Menschen mit Beeinträchtigung nutzen drei bis vier Mal so häufig Verkehrsmittel wie Fernbusse, Fernzüge oder Taxis als Menschen ohne Beeinträchtigung. Jedoch traut sich mehr als ein Drittel nicht zu, selbständig unterwegs zu sein und zu reisen (34 Prozent). Unter den Menschen mit einer sichtbaren Beeinträchtigung ist dieses fehlende Vertrauen mit 57 Prozent besonders ausgeprägt. Sehr ungern unterwegs oder auf Reisen sind zudem Menschen mit einer psychischen (39 Prozent) oder sichtbaren Beeinträchtigung (39 Prozent). Bei Menschen ohne Beeinträchtigung ist es hingegen nur eine Minderheit von 18 Prozent.

Aus der Umfrage ergeben sich klare Forderungen an die Gesetzgebung und die Privatwirtschaft: Neue Mobilitätskonzepte müssen her! Nicht nur der Staat, sondern auch die Privatwirtschaft sollten zu umfassender Barrierefreiheit verpflichtet werden, „denn selbstbestimmte Mobilität muss für Menschen mit und ohne Behinderung in gleichem Maße möglich werden“, fordert Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. „Wichtig ist dabei, Menschen mit Behinderung von Anfang an in die Planungen einzubeziehen, um ihre Bedarfe angemessen zu berücksichtigen."

Mobilität inklusiv gestalten
Die Inklusionsplattform der Aktion Mensch widmet der barrierefreien Mobilität einen eigenen Themenbereich. Auf inklusion.de findest du Hintergrundinformationen, gute Beispiele für neue Mobilitätslösungen, spannende Interviews und mehr. 

Unsere Aktion zum 5. Mai 2022 im Video

Um die Wette von A nach B!

Aziza, Fabie und Leonard haben ein gemeinsames Ziel: Fabies Lieblingsrestaurant in Köln. Fabie ist blind und Leonard ist Rollstuhlfahrer. Auf ihrem Weg durch Köln begegnen die beiden vielen Barrieren. Das ist für viele Menschen mit Behinderung immer noch Alltag.

Wie sich das auf ihre Mission auswirkt und wie viel mehr Menschen mit Behinderung als Menschen ohne Behinderung planen und vorausdenken müssen, siehst in diesem Video.

Du kannst dir das Video auch direkt bei YouTube anschauen:

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Tipps und Materialien für deine eigene Aktion

Worum geht's beim 5. Mai?

Engagement bündeln, Aufmerksamkeit gewinnen

Entstanden ist der Protesttag 1992 auf Initiative des Vereins Selbstbestimmt Leben, einer Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung. Die Aktion Mensch hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Engagement rund um den 5. Mai zu bündeln. Ausgehend von der sozialpolitischen Lage entwickeln wir jedes Jahr ein übergreifendes Motto, unter das die Organisationen und Verbände ihre Veranstaltungen stellen können.

Passend zum jeweiligen Motto bieten wir den Teilnehmer*innen Materialien für die Öffentlichkeitsarbeit an sowie Aktionspakete mit verschiedenen Anregungen und unterstützen Projekte auch finanziell. Durch dieses konsequente Engagement ist es den Aktivist*innen gelungen, über die Jahre immer mehr Aufmerksamkeit auf die Anliegen von Menschen mit Behinderung zu lenken.

Gemeinsam für Gleichberechtigung stark machen

Inzwischen ist der Protesttag nicht nur für sozialpolitisch engagierte Menschen ein fester Termin im Kalender. Das steigende Interesse belegen die Zahlen: Als die Aktion Mensch den Aktionstag 1998 zum ersten Mal unterstützt hat, gab es rund 100 Veranstaltungen – 2014 waren es rund 750.

Bei dieser Gelegenheit setzen sich die Vertreter*innen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe gemeinsam für Fortschritte auf politischer und gesellschaftlicher Ebene ein. Darüber hinaus gelingt es aber auch, immer mehr Bürger*innen dafür zu gewinnen, sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung zu engagieren und den Forderungen nach einer Gesellschaft für alle Menschen Nachdruck zu verleihen.