Was ist Ableismus?
Werden Menschen im Alltag auf ihre körperliche, ihre psychische Behinderung oder zum Beispiel auf eine Lernschwierigkeit reduziert und ungleich behandelt, spricht man in der Fachsprache von Ableismus. Genauer bedeutet Ableismus also, dass Menschen mit Behinderung von anderen Menschen ohne Behinderung auf die Merkmale reduziert werden, in denen sie sich vom vermeintlichen Normalzustand
unterscheiden. Dies können zum Beispiel sichtbare oder unsichtbare Merkmale sein, also ein Rollstuhl oder eine psychische Erkrankung. Von diesen Merkmalen wird anschließend, ohne die Person mit Behinderung zu kennen oder mit ihr zu sprechen, beispielsweise darauf geschlossen, was die Person vermeintlich kann oder nicht kann oder wie sich die Person fühlt – und entsprechend wird sie behandelt. Diese Ungleichbehandlung ist eine Art von Diskriminierung.
Woher kommt der Ausdruck "Ableismus"?
Der Ausdruck Ableismus ist die Übersetzung des englischen Ausdrucks „ableism“. Dieser setzt sich zusammen aus „to be able“, das heißt so viel wie „fähig sein“ und der Endung „-ism“, im deutschen „-ismus“. Die Endung „-ismus“ findet man in vielen Wörtern wieder, die eine grundlegende Haltung zu etwas zeigen, zum Beispiel Rassismus. Bei Rassismus denkt man, dass ein Mensch mehr oder weniger wert ist, weil sie oder er aus einem bestimmten Land kommt oder eine andere Hautfarbe hat. Beim Ableismus ist es ähnlich. Wenn jemand ableistisch handelt, schließt er oder sie von der Behinderung eines Menschen direkt auf seine geistigen oder körperlichen Fähigkeiten, ohne die Person dazu gefragt zu haben oder genaueres darüber zu wissen. Laut Duden handelt es sich dann um eine Abwertung dieses Menschen. Die deutsche Übersetzung Ableismus sprichst du übrigens wie im Englischen aus, also: Äi-bl-is-mus.
Ursprünglich stammt der Begriff Ableismus aus einer Behindertenbewegung in den 80er Jahren für die Rechte von Menschen mit Behinderung in den USA, dem Disability Rights Movement. Mit dem Begriff wollten die Aktivist*innen ausdrücken: Nicht die Behinderung ist das Problem für die Teilhabe – das Problem sind die Barrieren und die Haltung der Gesellschaft. Ableismus beschreibt also einen Mechanismus von Benachteiligung und Ausgrenzung. Menschen mit Behinderung werden nicht nur durch einzelne Vorurteile benachteiligt, sondern durch gesellschaftliche Strukturen, Regeln und Denkweisen. Der Begriff Ableismus soll zum Ausdruck bringen, dass diese Ausgrenzung kein Zufall ist, sondern Teil eines Systems, das Unterschiede abwertet. Indem wir über Ableismus sprechen, können wir diese gesellschaftliche Haltung erkennen und verändern.
Ableismus als gesellschaftliches Phänomen
All das zeigt: Ableismus steckt tief in unserer Gesellschaft. Es ist eine allgemein vorherrschende Haltung. Sie basiert auf der Einstellung, dass es ein „normales“ Leben, einen „normalen“ Körper und einen „normalen“ Geist gibt. Menschen, die von diesem Bild abweichen, gelten als „nicht normal.“ Diese Haltung führt dazu, dass Menschen mit Behinderungen weniger Chancen bekommen, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. Sie erleben Vorurteile, werden unterschätzt oder ausgeschlossen. Ableismus zeigt also: Unsere Gesellschaft bewertet Unterschiede. Alles, was nicht in die Vorstellung vom „Normalen“ passt, gilt als weniger wert. Dabei sind alle Menschen verschieden – und diese Vielfalt ist normal.
Wie kannst du Ableismus im Alltag erkennen?
Ableismus findet häufig in gewöhnlichen Alltagssituationen statt, aber auch im gesundheitlichen, beruflichen oder behördlichen Kontext. Allgemein kann sich Ableismus dabei unterschiedlich zeigen.
Eine Art des Ableismus liegt in der Ungleichbehandlung eines Menschen aufgrund seiner Behinderung. In diesem Fall spricht man von einer Abwertung der Person. Ableismus kann sich außerdem in Form einer Aufwertung äußern. Konkret bedeutet dies, dass ein Mensch mit einer Behinderung die Rückmeldung bekommt, dass er trotz seiner Behinderung fähig
zu etwas Bestimmtem sei. In beiden Fällen ist das eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderung.
Was kannst du gegen Ableismus tun?
Um Ableismus gemeinsam bekämpfen zu können, braucht es Selbstreflexion sowie Aufklärung über die Thematik. Damit du Ableismus in deinem eigenen Handeln besser erkennen kannst, kannst du dir folgende Fragen stellen und in entsprechenden Situationen selbst beantworten. So kannst du dein Handeln reflektieren:
- Spreche ich mit meinem Gegenüber respektvoll und auf Augenhöhe?
- Behandle ich mein Gegenüber aufgrund ihrer*seiner Behinderung abwertend/schlecht/unfair?
- Behandle ich mein Gegenüber aufgrund ihrer*seiner Behinderung mitleidig?
- Spreche ich eine Person mit Behinderung direkt an oder kommuniziere ich nur über Begleitpersonen?
- Ziehe ich Schlüsse über die Gefühlswelt meines Gegenübers, ohne die Person selbst nach ihrem Befinden gefragt zu haben?
- Spreche ich Ungleichbehandlungen (Abwertungen und Aufwertungen) von Menschen mit Behinderungen an, wenn ich entsprechende Situationen mitbekomme?
- Kläre ich mein Umfeld über den Ausdruck Ableismus und seine Bedeutung auf?
Wenn du von Ableismus betroffen bist, gibt es für dich zwar keine Strategie für einen umfassenden Schutz vor Ableismus. Jedoch kannst du lernen, wie du in entsprechenden Situationen reagieren kannst, um dich besser gegen Ableismus zu wehren.
Was kannst du tun, wenn du von Ableismus betroffen bist?
- Sprich die erfahrene Ungleichbehandlung an.
- Damit dein Gegenüber sein*ihr Handeln reflektieren kann, stelle Gegenfragen, wie zum Beispiel: „Wie kommen Sie darauf…?“.
- Verzichte auf Rechtfertigungen.
- Zeig dich, wenn möglich, schlagfertig.
- Kläre dein Umfeld über den Ausdruck Ableismus und seine Bedeutung auf.
- Bereite dich auf herausfordernde Termine gut vor und lege dir Antworten bereit.
- Such dir bei Bedarf Verbündete, die dich in schwierigen Situationen unterstützen können.