Freiwilliges Engagement inklusiv organisieren
Vielfalt leben, Potenziale entdecken
Menschen mit Sinn fürs Gemeinwohl sind unverzichtbar für Inklusion, für Ihr inklusives Netzwerk und für die gesamte Gesellschaft. Freiwillig Engagierte unterstützen Projekte, Initiativen und Vereine, die für unser Zusammenleben wichtig sind. Durch sie werden viele Angebote erst möglich. Wie gelingt es, sie für das eigene Vorhaben zu gewinnen?
Das hat sich vor Ort bewährt
- Schaffen Sie Aufgaben für unterschiedliche Bedürfnisse und sorgen Sie dafür, dass das Engagement zum Menschen passt.
- Bestärken und motivieren Sie alle, die Sie für eine Mitarbeit gewinnen möchten. Vermitteln Sie ihnen: „Dich brauchen wir, du kannst das!“ Empowerment hilft besonders den Menschen, die sich ein Engagement nicht zutrauen.
- Schaffen Sie ein Bewusstsein dafür, dass sich bei Ihnen alle Menschen engagieren können. Denken Sie zum Beispiel an die Menschen aus Ihren Zielgruppen – sie haben viel zu bieten.
- Beschreiben Sie ausdrücklich, inwiefern Ihr Engagement-Angebot barrierefrei ist. Das ermutigt Menschen mit Behinderung, sich zu engagieren.
- Tun Sie sich mit anderen zusammen: Welche Talente und Ressourcen haben die Menschen, die bereits bei Ihnen engagiert sind? Welche Arbeiten und Aufgaben möchten Sie außerdem an freiwillig Engagierte und Ehrenamtliche abgeben? Tauschen Sie sich aus und vernetzen Sie sich mit anderen Vereinen, Projekten und Gruppen.
- Sorgen Sie dafür, dass freiwilig engagierte Menschen gut begleitet werden durch Ihre hauptamtlichen Mitarbeiter*innen
Was engagierte Menschen leisten
In Deutschland engagieren sich 40 Prozent der Menschen ehrenamtlich, die älter sind als 14 Jahre. Sie schenken Vereinen, Projekten und Organisationen Zeit, Wissen, Fähigkeiten und Kontakte. Mit Engagement und Gemeinsinn stoßen sie gesellschaftliche Veränderungen an – wie die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen. Sie tragen die Ziele und Ideen Ihres inklusiven Netzwerks zu den Bürger*innen, zum Beispiel wenn sie von ihrem ehrenamtlichen Engagement erzählen.
Zukunftsperspektive für Ihre Projekte
Freiwillig Engagierte können Inklusions-Projekte oder Teile davon eigenständig über den Förderzeitraum hinaus weiterführen. So können Ihre Projekte in der Kommune weiter wirken. Ein Beispiel dafür ist der Gesellige Mittagstisch in der ehemaligen Modellkommune Verbandsgemeinde Nieder-Olm. Hier treffen sich Menschen zum Kochen, Essen und Beisammensein.
Erwartungen und Wünsche ans Engagement: aktuelle Entwicklungen
Als Inklusions-Macher*innen beschäftigen Sie sich vermutlich mit der Frage: Wie gewinnen wir Freiwillige für unser Vorhaben? Berücksichtigen Sie unbedingt, welche Erwartungen und Wünsche Menschen an ein Engagement knüpfen. Der Freiwilligen-Survey 2019 fragte nach den Motiven für ein Engagement. Am häufigsten nannten die Befragten: Spaß haben, anderen Menschen helfen und etwas für das Gemeinwohl tun. Diese Motive bleiben seit Jahrzehnten gleich.
Was sich ändert, sind die Erwartungen an die Rahmenbedingungen. Viele Menschen wünschen sich ein flexibles Engagement, das gut zum eigenen Alltag passt und mit dem sie sich selbst verwirklichen können. Sie wollen ihre Fähigkeiten nicht langfristig einem einzigen Verein zur Verfügung stellen, sondern sich lieber für eine begrenzte Zeit in einzelnen Projekten engagieren.
Neu hinzugekommen ist das Format des digitalen Engagements: Wie Interessierte unkompliziert und barrierefrei an digitalen Mitmach-Angeboten für den guten Zweck teilnehmen können, damit hat sich das Projekt „Gutes geht digital“ beschäftigt. Es hat auf seiner Internetseite Erkenntnisse, Tipps und Wissen zusammengetragen.
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Jeder Mensch hat Ressourcen und Potenziale
60 Prozent der Deutschen engagieren sich noch nicht ehrenamtlich. Hier können Sie ansetzen. Versuchen Sie, diejenigen zu gewinnen, die glauben, nichts beitragen zu können. Erweitern Sie außerdem Ihre eigene Perspektive und denken Sie an Menschen, an die Sie möglicherweise bisher nicht gedacht haben: So bringen zum Beispiel ältere Menschen und Menschen mit Behinderung vielfältige Talente und wertvolle Erfahrungen mit. Sie verfügen über zahlreiche Ressourcen und können sich aktiv und engagiert in ehrenamtliche Tätigkeiten einbringen.
Barrieren abbauen und Menschen ermutigen
Durch inklusives Denken können Sie dafür sorgen, dass sich alle Menschen engagieren können. Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) hat herausgefunden, dass Menschen mit niedriger formaler Bildung und Menschen mit Migrationserfahrung viel seltener ein ehrenamtliches Engagement ausüben. Dasselbe gilt für Menschen mit Behinderung. Meist sind es Barrieren und die einseitige Perspektive auf sie als Hilfe-Empfänger*innen, die ein Engagement verhindern.
„Es ist selbst bei manchen überzeugten Inklusions-Macher*innen noch nicht in den Köpfen, Menschen mit Behinderung als freiwillig Engagierte wahrzunehmen“, sagt Carolina Zibell, Projektleiterin von Inklusion vor Ort und Kommune Inklusiv bei der Aktion Mensch. „Es wirkt wie ein Augenöffner, wenn wir das ansprechen, und die Akteur*innen wundern sich, dass sie da nicht selbst drauf gekommen sind.“
Am besten machen Sie den ersten Schritt. Zeigen Sie Interesse und ermutigen Sie zum Mitmachen mit einem ernst gemeinten „Dich brauchen wir! Du kannst uns helfen!“. Denn freiwilliges Engagement und Ehrenamt sollen niemanden ausschließen.
Wenn Sie auf der Suche sind nach freiwillig Engagierten, nennen Sie ausdrücklich die Aspekte der Barrierefreiheit, die ihr Engagement bietet. Zum Beispiel, dass Ihre Räume, Toiletten, Einsatzorte barrierefrei zugänglich sind, dass Ihr Engagement auch für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung geeignet ist oder dass der Einsatzort gut mit Bus und Bahn zu erreichen ist. Studien haben gezeigt: Menschen gehen davon aus, dass Barrieren vorhanden sind, wenn sie keine Informationen über Barrierefreiheit finden.
Für Engagement begeistern
Wie Sie Menschen für ein freiwilliges Engagement gewinnen
Schaffen Sie ein Bewusstsein dafür, dass sich bei Ihnen alle Menschen engagieren können. Achten Sie bei Ihrer Bildsprache auf Vielfalt: Nutzen Sie also Fotos, auf denen unterschiedliche Menschen zu sehen sind, wie zum Beispiel Menschen mit Behinderung oder Migrationsgeschichte. Auf Werbematerialien, Ihrer Internetseite und in Gesprächen sollte klar werden, dass alle willkommen sind.
Mehr über Kommunikation für alle lesen Sie im Kapitel:
Menschen suchen, die Türen öffnen
Ins Gespräch kommen
Auslagen erstatten
Offene Kommunikation etablieren
Ausprobieren möglich machen
Engagement-Tandems einrichten
Mut zusprechen
Entwickeln Sie einen Plan für ehrenamtliches Engagement
Besprechen Sie in Ihrem Team, warum Sie ehrenamtliche Unterstützer*innen für Ihr Vorhaben brauchen. Folgende Fragen helfen Ihnen bei der Planung:
- Warum wollen wir mit engagierten Menschen zusammenarbeiten?
- Was erwarten wir von ihnen?
- Welche Aufgaben können wir im Projekt anbieten?
- Welche Fähigkeiten braucht es für diese Aufgaben?
- Wie können wir die Aufgaben konkret beschreiben?
- Was brauchen Menschen, die sich bei uns engagieren wollen?
- Was können wir tun, damit sich die Menschen bei uns wohlfühlen?
- Was können wir engagierten Menschen bieten (Gemeinschaft, Ermäßigungen, Auszeichnungen, kostenloses Essen)?
Wenn sich Menschen bei Ihnen engagieren möchten, fragen Sie nach und finden Sie heraus:
- Was kann die Person geben?
- Wie viel Zeit hat sie?
- Was verspricht sie sich vom Engagement?
- Welche Ziele verfolgt sie mit einem Engagement?
Manchmal kommen Menschen mit eigenen Ideen für ihr Engagement auf Projekte und Vereine zu. Denken Sie gemeinsam darüber nach, wie sich diese Ideen mit Ihren Aufgaben verbinden lassen.
Inklusion im Ehrenamt
Nutzen Sie das Angebot der Freiwilligen-Agenturen
Freiwilligen-Agenturen funktionieren ähnlich wie eine Jobbörse. Sie bringen Menschen, die ein Engagement suchen, mit Projekten zusammen, die ehrenamtliche Aufgaben vergeben möchten. Recherchieren Sie, ob es in Ihrer Region eine Freiwilligen-Agentur gibt.
Falls Sie keine Freiwilligen-Agentur in der Nähe haben, können Sie Ihre Freiwilligen-Gesuche auf Ihren eigenen Kommunikationswegen, wie Webseite, Aushängen, Social Media und Newsletter verbreiten. Lassen Sie sich bei Formulierung und Bildsprache von anderen Freiwilligen-Agenturen inspirieren. Der Auftritt der Freiwilligen-Agentur Halle-Saale ist zum Abgucken in Sachen inklusives Engagement und Kommunikation gut geeignet.
Das Engagement muss zur Person passen
Sulamith Fenkl-Ebert, die Verantwortliche der Freiwilligen-Agentur in Halle , empfiehlt, sich auf die unterschiedlichen Wünsche und Bedürfnisse einzustellen und verschiedene Engagement-Möglichkeiten zu entwickeln. Finden Sie heraus, was der oder die Engagierte möchte:
- Wenig oder viel Verantwortung übernehmen?
- Wenig oder viel Zeit investieren?
- Eher angeleitet werden oder eher selbstständig arbeiten?
- Eigene Interessen umsetzen und bisherige Fähigkeiten einsetzen oder etwas ganz Neues lernen und entwickeln? Sich langfristig oder punktuell engagieren?
- Sich vor Ort oder digital engagieren?
Freiwilligenagentur Schneverdingen
Engagement-Plattform: Freiwillige suchen und finden
Lernen, gemeinsam wachsen und sich weiterentwickeln
Vernetzen Sie sich mit anderen Vereinen und Projekten
Wenn Menschen lieber punktuell in Projekten mitwirken möchten, bietet das auch Chancen. Freiwillige können Talente und Kompetenzen in unterschiedliche Vorhaben einbringen. Ein Beispiel: Im Sportverein gibt es zwei Mitglieder, die ab und zu durchs Viertel gehen und Plakate aushängen. Fragen Sie nach, ob sie Ihre Flyer mitnehmen würden. Oder: Ein Projekt hat eine tolle Organisationsgruppe fürs Sommerfest. Vielleicht können Sie diese Gruppe motivieren, bei Ihrer Veranstaltung mitzuhelfen.
Voraussetzung dafür ist eine gute Vernetzung von Initiativen, Vereinen und Gruppen. Das Motto: Kooperation statt Konkurrenz. Vernetzen Sie sich und sprechen Sie darüber, wen Sie für welche Aufgaben brauchen und ob die engagierten Talente noch Kapazitäten haben. Schaffen Sie eine Basis dafür, sich gegenseitig zu unterstützen, Ressourcen zu bündeln und zu teilen.
Mit ehrenamtlich Engagierten zusammenarbeiten
In vielen Vereinen organisieren sich Engagierte selbst. Es gibt aber auch Projekte und Organisationen, in denen sie die hauptamtlichen Mitarbeiter*innen unterstützen. Hier ist es wichtig, dass eine hauptamtliche Person die Aufgabe erhält, sich um die Engagierten zu kümmern und das Team von Engagierten zu führen. Die Engagierten sollten wissen, wofür Ihr Projekt steht, welche Ziele Sie verfolgen, nach welchem Plan Sie vorgehen und was Sie bewirken wollen. Menschen wollen gern mitgestalten und an Lösungen mitarbeiten – egal ob sie angestellt sind oder sich freiwillig engagieren.
Beziehen Sie die Freiwilligen gut ins Team ein. Schaffen Sie gemeinsame Routinen. Diese tragen dazu bei, miteinander vertraut zu werden. Klären Sie, was es braucht, damit die gemeinsame Arbeit von Hauptamtlichen und freiwillig Engagierten gut funktioniert.
Allen im Projekt ein Gesicht geben
Würdigen Sie die Arbeit Ihres Teams. Denken Sie bei Publikationen, auf Veranstaltungen und bei der Präsentation des Teams auf der Internetseite daran, auch die freiwillig Engagierten zu erwähnen und vorzustellen.
Schaffen Sie eine Atmosphäre der gegenseitigen Wertschätzung und des Vertrauens. Viele Engagierte wünschen sich, Teil einer Gruppe oder Gemeinschaft zu sein. Vermitteln Sie allen: Es braucht sowohl Hauptamt als auch freiwillig Engagierte, damit Ihr Projekt gelingt.