„Es ist wichtig, die Öffentlichkeitsarbeit systematisch zu planen“
Eeva Rantamo ist Expertin für inklusive Kulturarbeit, Einfache Sprache, Inklusion und Barrierefreiheit. Die Kulturwissenschaftlerin arbeitet seit vielen Jahren als Beraterin, Dozentin und Projektleiterin für Diversität, Inklusion und Barrierefreiheit in Kultureinrichtungen. Bei der Aktion Mensch ist sie Referentin für das Seminar „Inklusive Öffentlichkeitsarbeit“.
Warum ist inklusive Öffentlichkeitsarbeit wichtig?
Alle Einrichtungen, Organisationen und Unternehmen haben einen Einfluss darauf, wie die Gesellschaft Menschen in ihrer Diversität wahrnimmt. Wenn ich meine Öffentlichkeitsarbeit inklusiv plane – also zugänglich für alle –, dann zeige ich: Die Gesellschaft ist bunt und alle sind angesprochen.
Wann ist für Sie Öffentlichkeitsarbeit gelungen?
Für gute Öffentlichkeitsarbeit brauche ich vor allem eine systematische Planung. Ich muss mir Ziele setzen: Was will ich bis wann erreichen? Und mir überlegen, mit welchen Mitteln ich diese Ziele erreichen kann. Schritt für Schritt. Wenn ein Ziel zum Beispiel lautet, Menschen aus einer bestimmten Zielgruppe noch intensiver zu erreichen, dann überlege ich: Wer ist denn meine Zielgruppe, wie sieht deren Alltag aus? Wie informieren sie sich, wo kann ich sie erreichen? Dabei helfen können mir die Menschen aus dieser Zielgruppe. Sie wissen am besten Bescheid. Damit ich sagen kann, ob meine Öffentlichkeitsarbeit gelungen ist, muss ich in meiner Planung auch festlegen, wie ich das Gelingen messen kann. Und ich muss es dann auch messen und auswerten.
Was macht die Öffentlichkeitsarbeit inklusiv?
Zum Beispiel, wenn ich bei meiner Planung berücksichtige, dass Menschen unterschiedliche Sinne nutzen. Manchen Menschen fehlt ein Sinn. Dann sollte ich überlegen: Was biete ich stattdessen an? Ich berücksichtige also verschiedene Sinne und finde jeweils passende Kommunikationswege. Das macht inklusive Öffentlichkeitsarbeit für mich so kreativ und spannend. Ich darf mir viele verschiedene Möglichkeiten der Informationsvermittlung überlegen: Text, Ton, Videos, Bilder, Symbole, eventuell auch etwas Tastbares. Indem ich verschiedene Sinne und Kommunikationswege miteinander mische, entsteht was Spannendes für alle.
Haben Sie ein Beispiel zu Kommunikationswegen für verschiedene Sinne?
Zum Beispiel, wenn ich Visitenkarten mache, die auch tastbar sind. Die fühlen sich doch für alle interessant an. Und alle verstehen sofort: Diese Organisation legt Wert auf Inklusion. Oder wenn ich zur Informationsvermittlung zusätzlich Videos mit Untertitelung anbiete – das ist doch schön für viele.
Indem ich transparent, einfach und umfassend kommuniziere, kann ich Barrieren zu Orten, Informationen und Wissen abbauen. Sagen wir, es geht um ein Sommerfest: Dann gebe ich alle Informationen weiter, die notwendig sind, damit alle sofort wissen, ob sie teilnehmen können. Wenn ich zum Beispiel deutlich mache, dass es einen barrierefreien Zugang gibt, ist die Frage schon mal für Menschen im Rollstuhl geklärt. Fehlt diese Information, entscheiden laut einer britischen Studie die meisten, nicht hinzugehen. Weil sie davon ausgehen, dass es nicht barrierefrei ist.
Was sind die ersten Schritte für eine inklusive Öffentlichkeitsarbeit?
Es ist wichtig, systematisch zu planen. Nicht einfach loslegen, sondern an die Planung der Öffentlichkeitsarbeit genauso herangehen wie an jede Projektplanung. Eine Bestandsaufnahme machen: Wie stehen wir jetzt da? Was gelingt gut? Wo müssen wir uns weiter entwickeln? Wen möchten wir erreichen? Was müssen wir anders machen? Und dann heißt es, Arbeitspläne für die Öffentlichkeitsarbeit zu erstellen: Wer macht was bis wann? Gibt es Möglichkeiten, unseren Erfolg zu messen?
Was ist Ihre wichtigste Erkenntnis?
Wir müssen nicht alles selbst wissen und können. Wir können andere fragen. Das können Fachleute, einzelne Menschen aus einer Zielgruppe, Institutionen oder Vereine sein. Die können wir auch einladen mitzuplanen. Es ist wichtig, mit den Menschen zu sprechen, die wir erreichen möchten. Schon diese Zusammenarbeit ist die beste Öffentlichkeitsarbeit überhaupt. Die Menschen erfahren von unserem Projekt oder unserem Unternehmen, bekommen Vertrauen und erzählen davon in ihren Netzwerken.
Haben Sie ein Beispiel?
Sie möchten zu einer Veranstaltung auch gehörlose Menschen einladen. Bevor Sie sich das Hirn zermartern, woran Sie dabei alles denken müssen, fragen Sie nach! Zum Beispiel bei einem lokalen Verein oder Verband der Gehörlosen. Die sind Expert*innen und können sagen, was Sie bereitstellen müssen. Es kann sein, dass sie einiges davon schnell umsetzen können, anderes gelingt erst in einigen Jahren. Wichtig ist es, in kleinen Schritten zu planen und immer wieder auszuprobieren. Mit Menschen sprechen, umsetzen, auswerten und weiterplanen. Wir lernen nie aus.
Mehr erfahren über Eeva Rantamo: Kulturprojekte – Inklusive Kulturarbeit