Geselliger Mittagstisch: Gemeinsam essen, füreinander da sein 

Beim Geselligen Mittagstisch in der rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinde Nieder-Olm treffen sich Menschen immer dienstags zum Kochen, Essen und Beisammensein. Das Angebot, das bei Kommune Inklusiv entstand, war ursprünglich gedacht für hochbetagte Menschen mit körperlichen Einschränkungen, die sich einsam fühlen. Mittlerweile sind Menschen verschiedenen Alters dabei.

Aktiv werden gegen Einsamkeit

Während der Pandemie 2021 wollten Reiner Wissel vom Pflegestützpunkt und Margot Michele, Leiterin des Seniorenbüros der Verbandsgemeinde Nieder-Olm, ein Angebot für hochbetagte Menschen starten, damit diese im Lockdown geistig und körperlich gesund bleiben. Sie fanden in Interviews mit der Zielgruppe heraus, dass sich viele sehr einsam fühlten, manche aßen kaum noch, weil ihnen das Kochen und Essen allein keinen Spaß machte.
Deswegen riefen Reiner Wissel und Margot Michele den Geselligen Mittagstisch als Angebot gegen Einsamkeit ins Leben, der allen Menschen offen steht. Der Mittagstisch findet nun jede Woche statt. Beim gemeinsamen Einkaufen, Kochen und Essen kommen die Menschen ins Gespräch, bringen sich ein und freuen sich über die Gesellschaft. Darüber, was gekocht wird, entscheiden die ehrenamtlichen Helfer*innen und die Gäste gemeinsam. Nach dem Essen gestalten die Gäste den Nachmittag: Sie bringen Spiele und Liederbücher mit oder erzählen sich Geschichten.

Eine Gruppe von älteren Frauen stehen zusammen für ein gemeinsames Foto.
Vier Frauen stehen in der Küche und bereiten das Essen vor

Helfer*innen sind auch Gäste - und umgekehrt

Heute sind Ehrenamtliche und Gäste kaum noch zu unterscheiden. Denn es hat sich bald gezeigt, dass auch viele Helfer*innen die Gemeinschaft und den Zusammenhalt beim Mittagstisch für sich sehr wichtig finden. Auf der anderen Seite wollen sich Gäste ebenfalls für die Gemeinschaft einsetzen und bei der Organisation des Mittagstischs unterstützen.

Zurzeit sind insgesamt 18 Menschen Helfer*innen oder Gäste beim Mittagstisch. Pro Treffen kochen und essen meist zwei bis drei Ehrenamtliche mit fünf, sechs Gästen. Die älteste Teilnehmerin ist über 90, die älteste Helferin ist 87. Doch es sind auch Frauen Anfang 50 dabei.

Einsamkeit haben fast alle erfahren – beispielsweise weil sie einen geliebten Menschen verloren haben oder weil sie im Lockdown oft allein zuhause waren. Helfer*innen und Gäste haben erkannt: Einsamkeit ist ein Thema, das alle betrifft, auch viele jüngere Menschen.

Zusammenhalt in der Gruppe und in der Verbandsgemeinde 

Es hat sich eine Gemeinschaft entwickelt, die weit über das Kochen und Essen hinaus geht. Jüngere und Ältere, Helfer*innen und Gäste verabreden sich auch außerhalb des Mittagstischs zu gemeinsamen Aktivitäten. Und rufen sich gegenseitig an, um sich zu erkundigen, ob es der anderen gut geht, oder wenn sie Unterstützung brauchen. Eine Helfer*in sagt nach ihrem ersten Besuch beim Mittagstisch: „Die Atmosphäre ist unsagbar familiär. Mir kam es vor, als käme ich in eine Familie.“

Darüber hinaus sprechen Helfer*innen und Teilnehmer*innen immer auch neue Menschen aus der Verbandsgemeinde an, von denen sie denken, dass der Mittagstisch ihnen gefallen würde. „Die Nachbarschaftshilfe in der Verbandsgemeinde hat zugenommen, seit es den Mittagstisch gibt“, stellt Margot Michele vom Seniorenbüro fest.

Auch andere gesellige Aktionen leben wieder auf 

Durch den Mittagstisch erfahren Helfer*innen und Gäste von weiteren Angeboten, wie dem Tanztee oder Bastelnachmittagen. Sie nehmen teil oder engagieren sich ehrenamtlich. „In den vergangenen Jahren haben diese und weitere Veranstaltungen des Arbeitskreises Demenzfreundliche Kommune wieder an Fahrt aufgenommen“, sagt Margot Michele. Der Arbeitskreis unterstützt und empowert Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Inklusive Angebote sollen außerdem das Verständnis für Menschen mit Demenz in der Kommune fördern.

Eine ältere Frau und ein älterer Mann machen Sitztanzen mit Tüchern.
Eine Gruppe von älteren Menschen sitzen an einem Tisch und essen gemeinsam.

Ehrenamtliche und Gäste organisieren sich selbstständig

Die Treffen zum Geselligen Mittagstisch gestalten die Helfer*innen mittlerweile selbstständig. Reiner Wissel und Margot Michele haben die Verantwortung dafür übergeben und bleiben im Hintergrund. Sie sind in erster Linie dafür zuständig, die monatlichen Besprechungen mit den Helfer*innen zu organisieren. Dort tauschen sich die Ehrenamtlichen über Anliegen und Wünsche aus, besprechen den Essens- und Dienstplan. 
Außerdem nehmen Wissel und Michele immer wieder gern am Mittagstisch teil. „Alle begegnen sich dort auf Augenhöhe, es ist ein sehr schönes Miteinander“, sagt Reiner Wissel.

Mittagstisch soll noch mehr Menschen erreichen

Reiner Wissel, Margot Michele und verschiedene Teilnehmer*innen wünschen sich, dass mehr jüngere Menschen teilnehmen, unter anderem Student*innen. „Und Kinder, beispielsweise zum Plätzchenbacken“, sagt eine Helferin. Eine Überlegung ist, das gemeinsame Kochen und Essen zu anderen Tageszeiten anzubieten, beispielsweise abends. Und das Mittagstisch-Team denkt noch weiter: Die Aktiven wollen, dass auch andere Kommunen die Idee übernehmen. „Jede Kommune in Rheinland-Pfalz sollte einen Geselligen Mittagstisch haben“, sagt eine Helferin und lacht.

Die Verbandsgemeinde Nieder-Olm sieht das inklusive Angebot derweil als wichtiges Projekt für das Leben in der Kommune: Die Kosten für Lebensmittel und für die Pauschalen, die die Ehrenamtlichen erhalten, sind im Haushalt der Verbandsgemeinde bereits eingeplant.

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