Verstetigung in der VB Nieder-Olm
"Strategie Inklusion" setzt Ziele von Kommune Inklusiv fort
In der Modellkommune Verbandsgemeinde (VG) Nieder-Olm haben die Politiker*innen einstimmig einer Inklusions-Strategie zugestimmt. Das Kommune Inklusiv-Netzwerk aus Verbänden und Verwaltung hatte die Strategie entwickelt. Damit will die Verbandsgemeinde die Ziele von Kommune Inklusiv dauerhaft weiter verfolgen und die Arbeit nahtlos fortsetzen. Dass es mit der Strategie Inklusion ein Nachfolge-Vorhaben zur im April 2023 vollendeten Initiative Kommune Inklusiv gibt, ist ein großer Erfolg für Kommune Inklusiv und die Engagierten vor Ort.
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Die Menschen, um die es bei einer Entscheidung geht. Sie sind die Expert*innen für ihre eigene Lebenssituation in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm.
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Entscheidungs-Träger*innen: Menschen in Ämtern, die Entscheidungen treffen und Verantwortung tragen - beispielsweise in Verwaltung, Politik, Verbänden und Organisationen
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Expert*innen: alle Personen, die Fachwissen, Erfahrungen oder Können einbringen wollen
Ein Leitbild für vielfältiges Leben
Ein wichtiger Bestandteil der Strategie Inklusion ist das Leitbild für mehr Inklusion in der Verbandsgemeinde, die Charta. Die Charta ist eine Art Grundregel-Katalog für die Strategie: So verpflichten sich alle, die die Charta unterzeichnen, zu gegenseitigem Respekt und Wertschätzung. Sie wollen die Würde und Rechte aller Menschen achten und sich gegenseitig dabei unterstützen, Barrieren zu beseitigen und Diskriminierung zu vermeiden.
Die Verbandsgemeinde und die Netzwerkpartner*innen unterzeichnen die Charta – und alle weiteren Organisationen, Unternehmen, Vereine, Nachbarschafts-Gruppen und Einzelpersonen aus der VG Nieder-Olm können das ebenfalls tun. Wer die Charta unterschreibt, erklärt sich verbindlich dazu bereit, die Strategie Inklusion mit umzusetzen. Der Anspruch dabei lautet: „Wir müssen jetzt noch keine perfekte inklusive Kommune sein – doch wir wollen immer wieder darüber reden und daran arbeiten.“
Neue politische Instrumente entwickelt
Um die Strategie umzusetzen und die Ziele zu erreichen, hat das Kommune Inklusiv-Netzwerk ganz neue politische Instrumente entwickelt. Es hat diese Instrumente „Inklusions-Vorbehalt“ und „Inklusions-Folgenabschätzung“ genannt. Inklusions-Vorbehalt bedeutet: Bei jeder Entscheidung prüft die Verbandsgemeinde vorher, ob die Entscheidung wichtig ist für Inklusion. Und ob sie sich auf die Teilhabe der Menschen auswirkt. Falls ja, folgt die Inklusions-Folgenabschätzung: Die Verantwortlichen prüfen, wie sich die Entscheidung auswirkt, also welche Folgen sie hat.
Das Kommune Inklusiv-Team hat für diese neuen Instrumente ein vorhandenes politisches Instrument abgewandelt: die sogenannte Gesetzesfolgenabschätzung. Die besagt: Die Bundespolitik muss die möglichen Folgen eines neuen Gesetzes herausfinden und bewerten, bevor sie es verabschieden kann. Nach diesem Prinzip funktioniert nun auch die Inklusionsfolgen-Abschätzung in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm.
Unverzichtbar: Koordinierungsstelle, Steuerungsgremium und Netzwerk
Die Strategie Inklusion sieht außerdem vor, dass es eine hauptamtliche Koordinierungsstelle und ein Steuerungsgremium gibt. Die Koordinierungsstelle wird die Umsetzung der Strategie zusammen mit der Verwaltung organisieren. Sie soll alle Aktivitäten zur Umsetzung aufeinander abstimmen und den Austausch aller Beteiligten voranbringen. Das Steuerungsgremium berät den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin. Es unterstützt den Austausch zwischen der Verbandsgemeinde und den weiteren Menschen, die die Strategie umsetzen. Die Koordinierungsstelle ist in der Verwaltung der Verbandsgemeinde Nieder-Olm geschaffen worden.
Außerdem soll es wie bei Kommune Inklusiv ein Netzwerk geben, das Inklusion in der Verbandsgemeinde voranbringt und die Strategie mit eigenen Maßnahmen umsetzt. Zum Netzwerk werden Einrichtungen, Unternehmen und Vereine aus der Verbandsgemeinde gehören.
Das Steuerungsgremium wird nun berufen: Der Verbandsgemeinde-Bürgermeister beruft die Mitglieder, nachdem die vorherige Kommune Inklusiv-Steuerungsgruppe ihm Organisationen und Personen vorgeschlagen hat. Das neue Steuerungsgremium berät künftig den*die Bürgermeister*in und sorgt dafür, dass der Austausch über Inklusion in der gesamten Verbandsgemeinde funktioniert.
Im Steuerungsgremium sind die drei Personen-Gruppen vertreten, die die Strategie mit umsetzen:
- Vertreter*innen für die Menschen aus der Verbandsgemeinde Nieder-Olm, beispielsweise aus dem Seniorenbeirat, dem Migrationsbeirat, dem Beirat für Menschen mit Behinderung
- Entscheidungs-Träger*innen, beispielsweise Mitarbeiter*innen der Verbandsgemeinde-Verwaltung und Politiker*innen
- Expert*innen, beispielsweise aus Senioren-Einrichtungen, Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigung, Einrichtungen für den Schutz von Frauen, Jugendzentren, Schulen, Kindertagesstätten
Schritt für Schritt zum Ziel

Der erster Erfolg der Strategie zeigte sich schon in der Erarbeitungsphase: Die Arbeit an der Inklusionsstrategie und die Planung eines neuen Feuerwehrhauses liefen zeitlich parallel, waren aber nicht miteinander verknüpft. Im Frühjahr 2022 stellte das Kommune Inklusiv-Strategieteam den Entwurf der Inklusions-Strategie den Lokalpolitiker*innen im Fachausschuss für Soziales vor, der die Strategie einstimmig beschloss. In diesem Sozial-Ausschuss saßen zwei Lokalpolitiker, die als Feuerwehrleute für das Thema Feuerwehr im Verbandsgemeinderat zuständig sind. Als die Architekt*innen ihr erstes Konzept für das Feuerwehrhaus im Bau-Ausschuss präsentierten, waren diese Feuerwehrleute auch dabei und schauten genau hin. Ihnen fiel auf, dass die Architekt*innen für den Weg zum Haupteingang einen Belag aus Schotter geplant hatten. Außerdem hatten sie als Eingangstür eine Tür eingeplant, die sich nicht automatisch öffnet. Die Feuerwehrleute kritisierten im Bau-Ausschuss, dass das neue Feuerwehrhaus so nicht barrierefrei wäre. Menschen im Rollstuhl könnten auf dem feinen Schotter nicht fahren und die Tür nicht gut öffnen. Das Architekturbüro bekam den Auftrag, den Entwurf nachzubessern.
Dadurch, dass die Feuerwehrleute sich im Sozialausschuss mit der Inklusions-Strategie beschäftigten, die Wirkungsziele kannten und ihnen zustimmten, hatte sich ihr Blick verändert. Sie dachten Inklusion von Anfang an mit.
Die Akteur*innen und Verantwortlichen in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm müssen das Strategie-Papier nun schrittweise in die Praxis umsetzen: Verwaltung, Politik, Verbände und Einrichtungen gemeinsam. Nach und nach müssen alle Mitarbeiter*innen in der Verwaltung, alle Lokalpolitiker*innen und alle Bürger*innen informiert, mitgenommen und einbezogen werden - über persönliche Ansprache, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Formen der Partizipation.