Projekte dauerhaft verankern
Verstetigung frühzeitig mitdenken
Denken Sie rechtzeitig darüber nach, wie es mit Ihrem inklusiven Projekt nach der ersten Förderung weitergeht. Ein guter Zeitpunkt ist spätestens nach der Hälfte des Förderzeitraums. Sie können diese Überlegungen mit einem Blick auf Ihre bisherige Netzwerkarbeit verbinden.
Das hat sich vor Ort bewährt:
- Recherchieren Sie rechtzeitig nach weiteren Fördermöglichkeiten.
- Denken Sie aber auch über das Finanzielle hinaus.
- Stellen Sie sicher, dass Ihr Netzwerk eine feste Struktur hat: Wichtig ist, dass alle Partner*innen wissen, was ihre Aufgaben sind und welche Verantwortung sie übernehmen.
- Festigen Sie Ihre Kontakte: in die Verwaltung, in die Politik und zu Ihren weiteren Partner*innen im Netzwerk.
- Ermöglichen Sie eine starke Bürgerbeteiligung und Partizipation.
- Machen Sie Ihr Projekt in der Öffentlichkeit bekannt.
- Lernen Sie von anderen Projekten – möglicherweise lässt sich Ihr Projekt auf ähnliche Weise verstetigen.
Finanzierung ist nur ein Aspekt von vielen
Mit verschiedenen Strategien können Sie dafür sorgen, dass Ihr Projekt nachhaltig weiterwirkt. Verstetigungs-Erfolg hat nicht nur etwas mit Geld zu tun. Ebenso wichtig ist es, dass Sie Ihr Netzwerk und Ihre Kontakte zur Verwaltung, zu Politiker*innen, Wirtschaft oder Wissenschaft ausbauen und pflegen. Außerdem ist Partizipation entscheidend.
Erfolgsfaktor: Menschen überzeugen und einbeziehen
Je mehr Menschen Ihre Projekte kennen und unterstützen, desto eher wird Ihr Inklusionsprojekt weiter bestehen. Im besten Fall wird Ihr Projekt ein fester Bestandteil in Ihrer Kommune, das Verwaltung, Politik und Bürger*innen gern mittragen.
Kommune als Unterstützerin an Bord holen
Versuchen Sie schon in der Planungsphase, Lokalpolitiker*innen und Kommunalverwaltung einzubeziehen. Optimalerweise sind sie Partner*innen im Netzwerk. Bleiben Sie auch in der Umsetzungsphase in Kontakt, berichten Sie beispielsweise von Erfolgen. Möglicherweise ist die Verwaltung bereit, nach Projektende die Personalkosten für eine hauptamtliche Netzwerkkoordination bei Ihrem Verein, einem anderen Träger oder in der Verwaltung selbst zu finanzieren – wie in den Kommune Inklusiv-Modellkommunen Verbandsgemeinde Nieder-Olm, Schneverdingen und Rostock.
Die Verbandsgemeinde Nieder-Olm finanziert nun eine "Koordinierungsstelle Kommune Inklusiv" als unbefristete Vollzeitstelle in der Verwaltung. In Schneverdingen hatten Stadtverwaltung und Politik zugestimmt, dass es eine hauptamtliche Stelle für mehr Inklusion und Teilhabe geben soll, die bei der Lebenshilfe als Trägerin eingerichtet wurde. In Rostock kommt das Geld für insgesamt eineinhalb hauptamtliche Koordinationsstellen aus dem Haushalt des Senators für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule. Die Stellen sind beim Caritasverband eingerichtet.
Bürger*innen beteiligen
Partizipation trägt dazu bei, dass die Bürger*innen sich mit dem Projekt identifizieren und sich im besten Fall dafür einsetzen, dass es weitergeht. Beziehen Sie die Menschen von Beginn an in die Planung und Umsetzung Ihres Projekts ein. Planen Sie gemeinsam mit engagierten Bürger*innen und Menschen aus Ihren Zielgruppen konkrete Maßnahmen, Aktionen oder Veranstaltungen.
Die Modellkommune Erlangen organisierte beispielsweise zu Beginn von Kommune Inklusiv ein großes Treffen mit verschiedensten Menschen mit und ohne Behinderung, die ihre Wünsche und Bedürfnisse äußerten. Menschen aus den Zielgruppen waren in den Gremien aktiv, zum Beispiel in den Arbeitsgruppen und in der Strategiegruppe. Sie haben Angebote mit entwickelt und umgesetzt. Entscheidungen wurden zusammen mit Zielgruppen-Vertreter*innen getroffen.
Netzwerkstrukturen festigen und Ehrenamtliche motivieren
Inklusive Projekte brauchen neben Hauptamt auch ehrenamtliche Unterstützung. Beziehen Sie alle Netzwerkpartner*innen und ehrenamtlich Aktive sinnvoll ein und verteilen Sie die Verantwortung auf verschiedene Schultern. Arbeiten die Steuerungsgruppe und die Arbeitsgruppen selbstständig? Weiß jede und jeder, was sie oder er zu tun hat? Im besten Fall entstehen feste Arbeitsgruppen mit Ehrenamtlichen, die sich regelmäßig treffen, untereinander gut vernetzt und weiterhin für Interessierte offen sind. Nach der ersten Förderung kann dieses stabile ehrenamtliche Netzwerk das Projekt oder Teile des Projekts weiterführen.
Ein gutes Beispiel dafür ist das Projekt „Gemeinsam in Steinheim (GeiSt)“.
Menschen vernetzen und als Berater*innen unterstützen
Mitarbeiter*innen qualifizieren
Gut ausgebildete, motivierte Team-Mitarbeiter*innen können Teile des Projekts fortführen. Ein Beispiel für solch eine erfolgreiche Ausbildung von Multiplikator*innen ist die inklusive Medienarbeit in der „Offenen Tür Ohmstraße“ in Köln-Porz. Eine Medienpädagogin hat die Mitarbeiter*innen so geschult, dass sie selbst Medienkurse für Jugendliche leiten können.
Anderen Trägern das Projekt übergeben
Vielleicht ist auch ein anderer Verein aus Ihrem Netzwerk bereit, Ihr Projekt weiterzuführen. Er könnte beispielsweise eine hauptamtliche Koordinationsstelle finanzieren und das Personal stellen. Innerhalb des Netzwerks könnte Ihre Organisation sich weiterhin fürs Projekt engagieren.
Unterstützung für einzelne Angebote finden
Sie können auch erst einmal schauen, wie sich einzelne Veranstaltungen und Angebote verstetigen lassen. Möglicherweise ist die Volkshochschule bereit, dauerhaft Räume für den inklusiven Yoga-Kurs kostenlos zur Verfügung zu stellen. Es findet sich ein Supermarkt, der für den monatlichen internationalen Kochabend Lebensmittel spendet. Oder ein Unternehmen für Jugendreisen fördert das Sommercamp, bei dem sich jedes Jahr junge Menschen mit und ohne Behinderung treffen.
In der Modellkommune Schneverdingen hatte das Kommune Inklusiv-Team von Beginn an Strukturen für einzelne Projekte so geschaffen, dass sie nach dem Ende von Kommune Inklusiv weitergehen konnten. So übernahm das Mehrgenerationenhaus Schneverdingen die Trägerschaft für die während Kommune Inklusiv entstandene Freiwilligenagentur.
Öffentlichkeitsarbeit machen
Ein regelmäßiger Newsletter, eine Social-Media-Präsenz, auf der alle mitdiskutieren können, guter Kontakt zu Journalist*innen vor Ort - das alles trägt zur Bekanntheit und Beliebtheit Ihres Inklusionsprojekts bei. Außerdem steigert es die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein für Inklusion generell.
Haltung und Strukturen vor Ort verändern
Wichtig ist, dass sich die Haltung der Menschen zu Inklusion so verändert, dass sie sie als selbstverständlich ansehen. Als Folge verändern sich im besten Fall die Strukturen vor Ort: Vereine, Institutionen und Behörden denken Inklusion immer mit. So führen beispielsweise Sportvereine ihre Angebote als inklusive Kurse weiter. Oder die Kommune prüft bei jeder Entscheidung, ob diese wichtig ist für Inklusion.
So setzt es die Modellkommune Verbandsgemeinde Nieder-Olm in ihrer Strategie Inklusion um, die sie während der Laufzeit von Kommune Inklusiv entwickelte. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde hatte den offiziellen Auftrag zur Entwicklung der Strategie Inklusion gegeben.
Erfolgsfaktor: Neue Finanzierung finden
Rechtzeitig nach Fördermöglichkeiten suchen
Wirkungsorientiert planen
Unterstützer*innen und Geldgeber*innen erwarten messbare Erfolge. Mit Hilfe der Planung nach der Wirkungslogik können Sie diese Erfolge nachweisen: zum Beispiel, dass sich die Zielgruppen durch Ihre Projekte mehr in der Gesellschaft engagieren. Damit steigen die Chancen, dass beispielsweise die Kommunalverwaltung Ihr Vorhaben als wichtig ansieht und es weiterhin fördert. Die Netzwerke in den Modellkommunen überprüften laufend ihre Ziele in (Zwischen-)Evaluationen.
Über bisherige Projektgrenzen hinaus denken
Das zeigt das Beispiel eines Netzwerks aus der Hildesheimer Nordstadt. Es hatte sein Projekt „Nordstadt.Mehr.Wert“ vor dem Auslaufen der ersten Förderung so aufgestellt, dass es zu einem Städtebau-Projekt werden konnte. Auf diese Weise bekam das Projekt Fördermittel aus dem Programm „Soziale Stadt“.
Netzwerk aufbauen, das sich selbst finanziert
Sie können mit Ihren Netzwerkpartner*innen verbindlich vereinbaren, dass jede*r einen Jahresbeitrag zahlt und das Projekt darüber hinaus mit Personal, Räumen und Öffentlichkeitsarbeit unterstützt.
Das hat Wolfgang Pütz getan, Vorstand und Geschäftsführer der Gemeindepsychiatrie Bonn-Rhein-Sieg und Netzwerkleiter des Projekts bonn-rhein-sieg-fairbindet. Ziel des Projekts: Mehr Menschen mit Behinderung bekommen Jobs in Unternehmen.
Erfolgsfaktor: Neue Formen der Organisation finden
Einen Verein gründen
Möglicherweise ist es sinnvoll, dass Sie für Ihr Projekt eine eigene Rechtsform gründen, beispielsweise einen Verein. Er hat gegenüber einem Netzwerk folgende Vorteile:
- Er kann Mitarbeiter*innen einstellen,
- Spenden einwerben,
- sich durch Mitgliedsbeiträge finanzieren,
- Gemeinnützigkeit beantragen, Eigentum erwerben und Vermögen bilden.
- Die Strukturen sind fester und verbindlicher, alle Mitglieder haben automatisch die gleichen Rechte und Pflichten.
Das sind die Hauptschritte: Sie und Ihre Netzwerkpartner*innen geben sich eine Satzung. Mit der Satzung können Sie sich vom Finanzamt als gemeinnützig anerkennen lassen. Mit dieser Anerkennung wiederum wenden Sie sich ans Amtsgericht. Es trägt Ihren gemeinnützigen Verein ins Vereinsregister ein.
Eine Stiftung gründen
Stiftungen sind ein Mittel, um mit Geld von Unternehmen, Privatmenschen und öffentlichen Einrichtungen gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken. Es gibt verschiedene Stiftungsformen – Gründer*innen müssen sich für die Form entscheiden, die am besten zu ihren Zielen passt. Eine Stiftung soll das Vermögen, das ihr die Stifter*innen übertragen haben, sicher und gewinnbringend anlegen. Die Erträge werden für den Stiftungszweck ausgegeben. Wenn Sie eine Stiftung gründen, können Sie voraussichtlich nach einigen Jahren aus den Erträgen die Personal- und Sachkosten für Ihr Projekt decken.
Welche Schritte Sie bei der Stiftungsgründung beachten müssen, erklärt der Bundesverband Deutscher Stiftungen auf seiner Webseite.
Mehr zur Erfolgsstrategie Stiftungsgründung erfahren Sie am Beispiel „Gemeinsam in Steinheim (GeiSt)“.