Aktiv für mehr Partizipation

Ein Mann und ein kleines Kind in einem Garten. Im Hintergrund sind eine Seniorin im Rollstuhl und weitere Personen zu sehen.

Mitgestalten und dabei sein

Partizipation bedeutet: Alle Menschen machen mit, gestalten mit und bestimmen mit, wie die Gesellschaft sich entwickelt. Sie vertreten ihre Interessen und setzen ihre Fähigkeiten ein. Und zwar in allen Lebensbereichen: Politik, Wirtschaft, Gesundheit, Mobilität, Kultur, Bildung. Damit ist Partizipation eine Grundvoraussetzung für Inklusion. Oder anders formuliert: Inklusion heißt, Partizipation zu ermöglichen. Denn in einer inklusiven Gesellschaft sollen alle das Recht haben, selbst zu entscheiden, wie sie leben wollen. Warum es für Kommunen wichtig ist, dass sich Bürger*innen an politischen und gesellschaftlichen Prozessen beteiligen, wie die Kommunen Menschen dazu bewegen, sich und ihre Stärken einzubringen, und welche Unterstützung sie dabei bekommen können, lesen Sie hier.

Das empfiehlt die Aktion Mensch:

  • Versuchen Sie, sich klar zu werden, wo Ihre Kommunalverwaltung in punkto Partizipation steht: Garantiert sie echte Beteiligung?
  • Gestalten Sie Beteiligungsprozesse barrierefrei: Beseitigen Sie räumliche, Wahrnehmungs- und Verständnisbarrieren.
  • Unterstützen Sie Menschen, die es nicht gewohnt sind, sich öffentlich zu äußern. Diese Strategie heißt Empowerment, was übersetzt Starkmachen und Selbstbefähigung bedeutet.
  • Starten Sie mit kleineren Aktionen und leicht umsetzbaren Partizipationsmethoden.
  • Haben Sie das größere Ziel im Blick: echte Beteiligung von Anfang an. Die kooperative Projektplanung ist dafür eine bewährte Methode.
  • Holen Sie sich für mehr Partizipation in Ihrer Kommune selbst Unterstützung, beispielsweise bei der Aktion Mensch.

Partizipation und Teilhabe: Was ist der Unterschied?

Viele Menschen sprechen von Teilhabe, wenn sie Partizipation meinen. Das ist nicht ganz falsch. Teilhabe meint erst einmal, dass alle Menschen grundsätzlich das Recht haben, sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen – egal, ob sie es in Anspruch nehmen oder nicht.

Partizipation geht noch weiter, sie ist sozusagen die höchste Form der Teilhabe. Es geht um konkrete aktive MitwirkungMitgestaltung und Entscheidungsmacht. Wörtlich übersetzt bedeutet der lateinische Begriff: sich einen Teil ergreifen.

Partizipation umfasst auch Teilgabe. Teilgabe ist die Aufforderung an alle Menschen, sich mit dem, was sie wissen und was sie können, einzubringen in gesellschaftliche und politische Prozesse, bei Aktionen, in Netzwerken, Vereinen, Interessensgruppen.

Die Partizipationstreppe

Kommunen können Bürger*innen auf vielfältige Art und Weise und in unterschiedlichen Mitbestimmungsstufen beteiligen: von „keine Beteiligung“, Instrumentalisierung und Scheinbeteiligung über Einbeziehung und Mitwirkung bis hin zu Entscheidungsmacht.

Um diese Stufen darzustellen, haben Politik- und Sozialwissenschaftler*innen in den vergangenen Jahrzehnten verschiedene Modelle entwickelt. Anhand der Modelle können Sie überprüfen, wie stark Entscheidungsträger*innen andere Menschen in Prozesse und Projekte einbeziehen.

Beispiele, die Ihnen bei der Einschätzung helfen können, wo Ihre Stadt oder Ihre Gemeinde in punkto Partizipation steht, finden Sie in unserem "Infoblatt: Die Stufen der Partizipation (PDF) ".

Barrieren abbauen bedeutet Partizipation ermöglichen

Barrierefreiheit macht es überhaupt erst möglich, dass alle Menschen dabei sein können und verstehen, um welche Entscheidungen es geht. Erst dann können sich alle Interessensgruppen aktiv einbringen.

Barrieren sind nicht nur räumliche Hürden wie fehlende Aufzüge oder zu schmale Türen. Es darf auch keine Wahrnehmungsbarrieren geben: Menschen mit Hörbehinderung brauchen auf Veranstaltungen Gebärdensprachdolmetscher*innen, Schriftdolmetscher*innen oder Plätze mit Induktionsschleife.

Verständnisbarrieren gilt es ebenfalls abzubauen. Das heißt, möglichst auf Fachsprache und Fremdwörter zu verzichten und Infos in Einfacher oder Leichter Sprache bereitzustellen. Das nützt Menschen mit Lernschwierigkeiten ebenso wie Menschen, die nur wenig Deutsch sprechen.

Wichtig ist außerdem, die Barrieren im Kopf abzubauen und eine positive Haltung zu echter Beteiligung zu entwickeln. Grundvoraussetzung für Partizipation ist die Bereitschaft, mit Menschen aus den Zielgruppen auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten und sie für Beteiligung zu stärken. 

Respektieren Sie Menschen aus den Zielgruppen von Anfang an als Expert*innen in eigener Sache. Es lohnt sich immer, an ihre Wünsche und Ideen anzuknüpfen. Die Planung und Umsetzung dauern dadurch vielleicht etwas länger. Doch am Ende wird Ihr Projekt erfolgreicher sein. Das zeigen unter anderem die Erfahrungen mit der Methode der kooperativen Planung.

Die Aktion Mensch bietet viele weitere Informationen zur Barrierefreiheit, fördert Projekte und Maßnahmen zur Barrierefreiheit und bietet Fortbildungen zur Barrierefreiheit an:

Sehen Sie den Ausbau der Barrierefreiheit als Langzeitprojekt!

Kaum jemand schafft es auf Anhieb, Veranstaltungen, Prozesse, Kommunikation und kommunale Infrastruktur komplett barrierefrei anzubieten. Auch die fünf Modellkommunen arbeiten noch am weiteren Abbau von Barrieren, zeigt der Zwischenbericht der wissenschaftlichen Begleitung von Kommune Inklusiv. Arbeiten Sie am besten nach und nach an den verschiedenen Aspekten der Barrierefreiheit. Denken Sie daran, dass viele Menschen unter Barrierefreiheit vor allem „rollstuhlgerecht“ verstehen. Barrierefreiheit ist jedoch viel umfassender. Fragen Sie Menschen aus Ihren Zielgruppen, wo es ihrer Meinung nach noch Barrieren gibt und wie Sie sie gemeinsam abbauen können.

Sie können das Thema Barrierefreiheit auch dazu nutzen, um möglichst alle Menschen in Ihrer Kommune zum Mitmachen zu motivieren. Denn von weniger Barrieren in der Stadt oder im Stadtviertel profitieren alle.
Sie wollen Barrierefreiheit in Ihrer Kommune voranbringen und suchen nach griffigen Argumenten? Dann lesen Sie mehr darüber in den Guten Gründen für Inklusion.

Empowerment macht Menschen stark für Partizipation

In einem inklusiven Netzwerk in einer Kommune ist eines elementar: Es sollten sich auch die Menschen aktiv einbringen können, die es nicht gewohnt sind, öffentlich für ihre Interessen einzutreten. Beispielsweise Menschen mit Lernschwierigkeiten oder mit einer seelischen Behinderung. Dafür müssen soziale und emotionale Barrieren fallen: Manche Menschen brauchen ausdrücklich Ermutigung und Unterstützung, sich in politische oder gesellschaftliche Prozesse einzubringen. In der Fachsprache heißt das Empowerment, was übersetzt in etwa Starkmachen und Selbstbefähigung bedeutet.

In Empowerment-Seminaren lernen die Menschen, was sie gut können, was sie wollen und brauchen. Sie werden dabei unterstützt, Ziele für sich zu entwickeln. Und sie erkennen, wie sie diese Ziele selbst erreichen. Die Teilnehmer*innen lernen, wie sie ihr Leben selbstverantwortlich führen. Dabei entwickeln sie den Wunsch und das Selbstbewusstsein, ihren Willen zu äußern und ihre Interessen öffentlich zu vertreten. Sie werden somit zu gesellschaftlichen Akteur*innen.

Im Rahmen von Kommune Inklusiv werden zum Beispiel in den Modellkommunen Schwäbisch Gmünd und Erlangen Empowerment-Seminare angeboten. Die Seminare machen die Teilnehmer*innen an mehreren Terminen nach und nach stark dafür, sich für ihre Interessen einzusetzen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

An den Seminaren nehmen nicht nur Menschen mit Behinderungen teil: Auch Integrationsbeauftragte, Vereinsgeschäftsführer*innen und Schuldirektor*innen können bei Empowerment-Schulungen viel über sich selbst und ihre Netzwerkpartner*innen lernen.

Wenn Sie Empowerment-Seminare in Ihrer Stadt oder Gemeinde organisieren wollen, können Sie sie unter bestimmten Bedingungen von der Aktion Mensch finanziell fördern lassen. Mehr dazu erfahren Sie unter "So fördert die Aktion Mensch".

Die Interessensvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland  (ISL) beschreibt auf ihrer Webseite, wie sich Empowerment-Seminare gestalten lassen – inklusive Materialien und Vorlagen.

Mehr darüber lesen, warum Empowerment für alle Menschen wichtig ist.

Eine Frau mit hochgesteckten Haaren und Brille steht neben einem Whiteboard und hält einen Vortrag.

Entwickeln Sie ein neues Verständnis von Professionalität

Professionelle Umsetzung bei Inklusions-Vorhaben bedeutet eben auch: Menschen echte Beteiligung zu ermöglichen, sie auf diesem Weg zu begleiten und zu befähigen. Dabei kann Sie eine Prozessbegleitung unterstützen.

Drei Frauen unterhalten sich draußen, bei schönem Wetter, zwei von ihnen tragen ein Kopftuch

Erfolg durch Partizipation

Echte Beteiligung ist im Projekt Kommune Inklusiv eine Bedingung dafür, dass Inklusion gelingt. Denn nur, wenn jeder und jede wirklich mitbestimmen und mitgestalten darf, ist Inklusion erreicht.