5. Mai in Rostock: Mach's einfach!

Rostock, Mai 2017

Einige Stände, die in der Innenstadt ihre Angebote zeigen wollten, zogen kurzerhand ins Rathausfoyer. Das passte auch gut zum Motto der Podiumsdiskussion im Rathaus: "Mach´s einfach! – Politik und Inklusion bis 2022". Bewusst haben die Veranstalter einen zweideutigen Spruch gewählt. Mach´s einfach - also pack es an, ohne lange zu reden. Und mach es nicht zu kompliziert, sondern einfach.

Podiumsdiskussion im Rathausfoyer

Wolfgang Nitzsche, Präsident der Bürgerschaft, forderte in seiner Eröffnungsrede alle dazu auf, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung zu überwinden. "Wir möchten in unserer Stadt erreichen, dass Menschen einander begegnen und ihre Verschiedenheit als Bereicherung erkennen", so der Politiker. Doch dass es noch lange nicht so weit ist und noch viel getan werden muss, zeigte die anschließende Diskussion.

"Ab 19 Uhr abends gibt es zum Beispiel an den Haltestellen von Bussen und Bahnen keine Ansagen mehr", berichtet Gudrun Buse, örtliche Vertreterin des Blinden- und Sehbehindertenvereins. Auch Jaqueline Prinz, von der Rostocker Selbsthilfegruppe für Cochlear- und Hörgeräte-Träger, wies darauf hin, dass die Politik noch einiges zu tun habe. "Warum kann man den Notruf 112 oder 110 nicht kostenlos per SMS nutzbar machen? In Krankenhäusern gibt es bei Feueralarm nur ein hörbares Signal. Menschen mit Hörschädigung könnten von dem Alarm nichts mitbekommen", so Prinz.

Wie sich solche Probleme lösen lassen, darauf wussten die Politiker keine schnelle Antwort. Ob nun mehr Gesetze besser sind, wie es etwa Christian Reinke von der SPD fordert, damit Bauherren zum Beispiel von vornherein Alarmanlagen auch für Menschen mit Hörschädigung einplanen. Oder aber weniger Gesetze, damit Verwaltungskosten sinken und die Gesetzeslage insgesamt einfacher wird, wie es Sebastian Bergs von der FDP fordert, wurde heiß diskutiert.

viele menschen sitzen im publikum und hören zu
Viele Menschen sind zur Diskussionsrunde gekommen.
zwei Frauen stehen vor einem Plakat
Rechts im Bild: Petra Kröger, Behindertenbeauftragte in Rostock
Wo noch am meisten getan werden muss

Einigkeit der Politiker von SPD und den Grünen herrschte beim Thema, wie sich Inklusion, also ein Miteinander von allen Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung, besser umsetzten ließe: mit mehr finanzieller Hilfe. "Vor allem in der Schule sind wir mit der Inklusion noch lange nicht soweit", sagt Petra Kröger, Behindertenbeauftragte der Stadt Rostock. Es gebe gute und inklusive Angebote in vielen Kindergärten. "Doch sobald die Kinder ins Schulalter kommen, sieht es sehr viel schlechter aus." Oft würden Kinder mit Behinderung in Förderschulen geschickt.

Noch viel zu tun und doch schon viel erreicht

Der 21-jährige Samad Pirzad aus Afghanistan hat eine etwas andere Sichtweise. "In Afghanistan gibt es für mich als Mensch mit Behinderung kaum Angebote und Möglichkeiten." Hier in Deutschland gebe es so viel mehr. "Hier kann man auch als Mensch mit Behinderung zur Schule gehen, studieren, am öffentlichen Leben teilnehmen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich jetzt in Deutschland lebe." Eine Sache gebe es jedoch, die auch in Deutschland für Menschen mit Behinderung sehr schwer sei: einen Ausbildungsplatz zu finden.

Die Sichtweise des 21-jährigen Afghanen hat auch René Tober von der Caritas, Netzwerk-Koordinator für Rostock bei Kommune Inklusiv, berührt: "Wir haben schon viel erreicht in Deutschland, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern. An so einem Protesttag kann man sich zusammen mit den Vereinen, Trägern, Aktivisten und Betroffenen auch über Erreichtes freuen." Wichtig sei auch der Austausch untereinander. Nicht nur am 5. Mai, sondern das ganze Jahr über. Gemeinsam könne man bessere Denkanstöße für die Politik geben, sich gegenseitig unterstützen oder Aktionen umsetzen.

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