Wie Sie Verwaltung und Kommunalpolitiker*innen ansprechen
Zeigen Sie Ihren Ansprechpartner*innen: Ihr Netzwerk kann die Kommune dabei unterstützen, dass die Situation sich verbessert. Versuchen Sie, als Problemlöser*in aufzutreten. Es geht nicht darum, der Kommune aufzuzeigen, was noch nicht so gut läuft in Sachen Inklusion, Partizipation oder Barrierefreiheit. Sondern darum, dass Sie und die Kommune gemeinsam mehr erreichen können.
Warum es entscheidend ist, dass Initiativen und Verwaltung gegenseitiges Verständnis entwickeln, lesen Sie im Interview mit Aktivist und SPD-Kommunalpolitiker Constantin Grosch.
Bieten Sie der Kommune Ihr Wissen und Ihre Mitarbeit an
Durch Ihre Recherche wird Ihnen klar werden, an welche kommunalen Beschlüsse und Pläne Sie mit Ihrer Netzwerk-Arbeit anknüpfen können. Nutzen Sie dieses Wissen. Machen Sie Verwaltungsmitarbeiter*innen und Lokalpolitiker*innen deutlich: Wir können Sie dabei unterstützen, Maßnahme X umzusetzen. Oder: Unser Netzwerk ist ein kompetenter Partner für Sie, um den Aktionsplan für Inklusion gemeinsam mit der Kommune umzusetzen – wir bieten viele Ressourcen: Fachwissen, Personal und Kontakte.
Einigen Sie sich beispielsweise im Vorfeld einer Stadtrats- oder Ausschuss-Sitzung mit den Mitgliedern Ihrer Steuerungsgruppe darüber, was Sie der Kommune anbieten wollen.
Ihr Engagement kann auch dazu beitragen, dass Entscheider*innen einen neuen Blick auf ihre Kommune bekommen und mehr über die Bedürfnisse der Bürger*innen erfahren. Rolf Weinreich, Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion in der Modellkommune Schneverdingen, hat diese Erfahrung gemacht.

Erarbeiten Sie Maßnahmen, die Sie mit der Kommune umsetzen können
Erarbeiten Sie mit Ihrem Netzwerk zwei bis drei konkrete Maßnahmen, die Sie gemeinsam mit der Kommunalverwaltung umsetzen könnten. Schreiben Sie diese Maßnahmen in einem Diskussionspapier auf. Beschreiben Sie sie und erklären Sie, was Sie mit diesen Maßnahmen erreichen wollen. Laden Sie Verwaltungsmitarbeiter*innen und Lokalpolitiker*innen ein, das Papier mit Expert*innen aus Ihrem Netzwerk zu besprechen.
Ein Beispiel für solche Maßnahmen: Sie wollen, dass Ihr Stadtviertel barriereärmer wird. Dafür schlagen Sie vor, dass die Kommune die Bordsteine in Ihrem Stadtviertel absenkt und Verkehrsinseln zum Überqueren der Straße barrierefrei ausbaut. Sie regen an, dass die Kommune sich um Förderung bewirbt, beispielsweise für den Förderkredit "barrierearme Stadt" der KfW-Bank . Die KfW-Bank bietet Kredite mit niedrigen Zinsen an.
Außerdem möchten Sie, dass die Bäckereien im Viertel barrierefreie Eingänge bekommen. Dafür sollen mobile Rampen genutzt werden. Sie schlagen der Verwaltung vor, sich mit Ihnen und den Geschäftsinhaber*innen zusammen zu tun und einen Antrag bei der Aktion Mensch für das Förderprogramm #1Barriereweniger zu stellen.
Nachdem Sie mit den Verwaltungsmitarbeiter*innen und den Kommunalpolitiker*innen über die Maßnahmen diskutiert haben, können Sie eine öffentliche Begehung in Ihrem Stadtviertel organisieren. Laden Sie dazu auch die lokalen Medien ein. Zeigen Sie den Vertreter*innen von Verwaltung, Politik und Medien, wo mehr Barrierefreiheit nötig ist und Ihre vorgeschlagenen Maßnahmen viel bewirken würden.
Schlagen Sie eine gemeinsame Bewerbung um Fördergelder vor
Ein gutes Argument, um Vertreter*innen von Kommunen von der Unterstützung Ihres Netzwerks zu überzeugen, ist Geld. Es gibt verschiedene Förderprogramme mit folgender Voraussetzung: Kommunalverwaltungen müssen sich mit sozialen Trägern, Vereinen oder Initiativen zusammentun – beispielsweise das Förderprogramm #1Barriereweniger der Aktion Mensch.
Auch bei anderen Fördertöpfen gilt: Kommunalverwaltungen können davon profitieren, wenn sie in Förderanträgen angeben, dass sie vor Ort mit einem Netzwerk zusammenarbeiten. Die Geldgeber*innen sehen dann: Die Kommune hat zusätzliche Ressourcen an Bord geholt, um ein Vorhaben umzusetzen.
Bieten Sie Praxis-Checks an
In Ihrem Netzwerk engagieren sich Expert*innen für Inklusion, für Partizipation und Barrierefreiheit. Ihr Wissen ist wertvoll für die Kommune.
Sie können Mitarbeiter*innen in der Kommunalverwaltung und Lokalpolitiker*innen anbieten: Wir überprüfen für Sie, wie inklusiv bestimmte Maßnahmen sind, die Sie beschlossen haben. Dafür können Sie für die Kommune oder auch mit der Kommune beispielsweise einen Inklusions-Check erstellen. Mit dem Inklusions-Check finden Lokalpolitiker*innen oder Verwaltungsmitarbeiter*innen heraus, wie inklusiv ein Antrag, eine Beschlussvorlage, eine Aktion, Veranstaltung oder Maßnahme ist. So bekommen die Politiker*innen noch mehr Kontakt zu den Menschen vor Ort.
Beispiele für Inklusions-Checks, gefördert von der Aktion Mensch:
- Inklusions-Check der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) für Kinder- und Jugendarbeit
- Inklusions-Check der Lebenshilfe Dortmund für Freizeitangebote
Bieten Sie Unterstützung im Detail an
Schreiben Sie beispielsweise eine E-Mail an ein*e Lokalpolitiker*in, wenn Ihnen aufgefallen ist, dass der jüngste Antrag einer Fraktion im Stadtrat zum Thema Inklusion den Aspekt Leichte Sprache nicht berücksichtigt: „Wir haben im letzten Antrag bemerkt, dass… Wenn Sie Kritik von Verbänden vermeiden möchten, hier ein Tipp von uns: …“
Oder Sie formulieren eine E-Mail an eine*n Dezernt*in oder Amtsleiter*in: „Wir freuen uns, dass Sie in Ihrer aktuellen Beschlussvorlage zum Bauprojekt X Bürgerbeteiligung vorsehen. Wir haben dazu noch folgende Vorschläge…“


Engagieren Sie sich aktiv in Ausschüssen
Schlagen Sie Lokalpolitiker*innen vor, dass Sie als Expert*in in einer Ausschuss-Sitzung sprechen können. So berichtet beispielsweise die Netzwerk-Koordinatorin Ulrike Schloo aus der Modellkommune Schneverdingen einmal im Jahr im Sozialausschuss über die Aktivitäten bei Kommune Inklusiv.
Auf diese Weise bringen Sie Ihre Themen direkt in die Kommunalpolitik ein. Sie können Einfluss nehmen. Außerdem lernen Sie Lokalpolitiker*innen, Verwaltungsmitarbeiter*innen und weitere Bürger*innen kennen, die für Ihr Vorhaben und Ihr Netzwerk wichtig sind.
Mehr über die Aufgaben von Ausschüssen und Beiräten lesen Sie im Infoblatt: „Wie Kommunen funktionieren: Gremien, Strukturen, Aufgaben“ .
Lernen Sie die Sprache der Kommunalverwaltung
Wenn Sie Begriffe und Argumentationen aus dem Bereich der Verwaltung und der Lokalpolitik nutzen, nehmen Ihre Gesprächspartner*innen Sie eher als Expert*in wahr. Sehen Sie dies als Prozess: Je häufiger Sie über die Zeit an Ratssitzungen und Ausschuss-Sitzungen teilnehmen, desto mehr erfahren Sie. Zum Beispiel wie Verwaltungsmitarbeiter*innen und Kommunalpolitiker*innen andere von ihrer Meinung überzeugen, welche Argumente sie vorbringen, welche Fachausdrücke sie nutzen und auf welche gesetzlichen Vorgaben, Anträge und Dokumente sie sich beziehen.
Sie können sich auch Sitzungs-Dokumente im Rats-Informations-System (RIS) anschauen: Dort erfahren Sie, wie Anträge formuliert sind und welche Begründungen in den Anträgen stehen.
Formulieren Sie konkrete Ziele für die Kommune
Für manche Kommunalpolitiker*innen und Verwaltungsmitarbeiter*innen ist Inklusion möglicherweise noch ein abstrakter Begriff. Dann kann es sinnvoll sein, erst einmal davon zu sprechen: Was soll besser werden in Ihrer Kommune durch mehr Inklusion? Sollen mehr Menschen im Stadtzentrum einkaufen (Wirtschaftsförderung)? Sollen mehr Menschen Bus und Bahn fahren (bessere ÖPNV-Auslastung)? Soll es attraktiver werden für ältere Menschen, die Stadt oder Region zu besuchen (Tourismusförderung)? Im weiteren Verlauf der Gespräche können Sie erläutern, was Sie unter Inklusion verstehen. Beschreiben Sie auch, welche Vorteile eine Kommune hat, wenn sie Inklusion fördert.
Ein weiterer Vorteil, wenn Sie Ihre Ziele aus der Perspektive der kommunalen Entwicklung formulieren – und ein Argument für Ihre Gespräche mit kommunalen Vertreter*innen: Für Sie und Ihre Partner*innen aus der Kommune können sich weitere Möglichkeiten der Finanzierung ergeben, beispielsweise über Wirtschaftsförderprogramme oder Tourismusförderprogramme. Solche Programme bieten unter anderem der Bund und die Bundesländer an.
Halten Sie Kontakt
Bieten Sie Ihren Ansprechpartner*innen immer wieder Informationen zu Ihrem Netzwerk und zu Ihrem Vorhaben an: Berichten Sie, wie der Stand der Dinge ist, ob Sie bald (Teil-)Erfolge feiern wollen. Laden Sie Ihre Ansprechpartner*innen dazu ein. Erzählen Sie auch in kurzen Gesprächen oder E-Mails, ob das Projekt gut voran kommt, wie die nächsten Schritte sind und ob Sie möglicherweise weitere Gespräche brauchen. Halten Sie Kontakt. Dann wird es bei Projekt-Ende leichter, neu zu verhandeln.
Mehr Tipps lesen:
- Praxishandbuch-Kapitel „Neue Netzwerkpartner*innen finden und überzeugen“
- Arbeitsblatt „Wunschpartner*innen für Ihr Netzwerk überzeugen (PDF) "