Expertenforum „Wie nehme ich alle mit? Partizipation in der Kommune“

Moderation: Frank Liffers

Partizipation bedeutet nicht einfach nur Teilhabe – Partizipation heißt, dass Menschen ihr eigenes Lebensumfeld aktiv mitgestalten. Wie lassen sich auf kommunaler Ebene die Grundlagen dafür schaffen? Wie erreicht man alle Bevölkerungsgruppen? Diesen Fragen näherten sich die Referenten aus unterschiedlichen Perspektiven. Zahlreiche Zuhörer verfolgten die Inputs und Podiumsgespräche und brachten sich auch selbst ein beim Thema Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene.

Der Bürger als Berater

Oliver Märker, Mitbegründer Zebralog, Agentur für crossmediale Bürgerbeteiligung, Berlin/Bonn

Auf der Bühne steht Oliver Märker bei seinem Vortrag. Prof. Dr. Peter Neumann, Doris Rüter, Dr. Bettina Kruth und der Moderator Frank Liffers sitzen auf der Bühne

Die Agentur Zebralog führt seit vielen Jahren Bürgerbeteiligungs-Prozesse im Auftrag von Kommunen durch. Vor diesem Hintergrund formulierte Oliver Märker die Fragen: Wie nehme ich alle mit? Welchen Beitrag kann Bürgerbeteiligung leisten?

Bürger wollen heute nicht mehr nur die Adressaten von bereits ausgearbeiteten Lösungen für Probleme vor Ort sein, so Oliver Märker. Sie erwarten von Kommunalpolitik und Verwaltung, dass sie an Planungsprozessen beteiligt werden. Kommunen reagieren auf diese Entwicklung und führen immer häufiger Beteiligungsformate ein. Neben partizipativen Verfahren im Internet sind auch weitere klassische Beteiligungsverfahren über Workshops oder andere Veranstaltungen vor Ort erfolgreich.

„Bei Bürgerbeteiligung handelt es sich um die öffentliche Erörterung komplexer Planungsfragen“, sagte Oliver Märker. „Bürger werden dabei von der Stadt als Berater hinzugezogen. Doch am Ende entscheidet die Politik.“ Als Erfolgsfaktoren für Bürgerbeteiligung bezeichnete er unter anderem folgendes: Die Planung muss konkret und anschaulich genug sein, darf das Ergebnis aber nicht vorwegnehmen. Die Bürger müssen tatsächlich angehört und die Ergebnisse ernst genommen werden. Die gewählte Methode muss zum Verfahren passen und barrierefrei sein. „Bürgerbeteiligung soll Spaß machen und gleichzeitig seriös und wertschätzend sein“, so Oliver Märker abschließend.

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Menschen mit Behinderung beteiligen

Martina Gleiß, Behindertenkoordinatorin der Stadt Hagen
Der Moderator Frank Liffers steht mitten im Publikum. Eine Gebärdensprachdolmetscherin übersetzt

Was kann eine Kommune ganz konkret tun, um mehr Menschen mit Behinderung zu beteiligen? Martina Gleiß stellte praktische Erfahrungen aus Hagen vor.

Ein einberufener Behindertenbeirat hat sich in Hagen als ein wichtiges Gremium bewährt. Die Expertise des Beirats wird regemäßig in den Rat der Stadt eingebracht. Darüber hinaus arbeiten Menschen mit Behinderung auch direkt in den Ausschüssen der Stadt mit. „Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist allerdings Barrierefreiheit“, sagte Martina Gleiß.

Außerdem hat die Stadt Hagen eine Arbeitsgemeinschaft Partizipation gegründet und arbeitete bei Regionalplanungskonferenzen mit Menschen mit Behinderung zusammen. Neben Workshops zu Themen wie Wohnen, Mitbestimmung und Freizeit veranstaltet Hagen auch regelmäßige Stammtische mit Kommunalpolitikern und Menschen mit Behinderung, um gemeinsam das Thema Inklusion in der Stadt voranzubringen. „Mein Rat an andere lautet: Einfach anfangen, denn auch mit kleinen Schritten kann man viel erreichen“, so Martina Gleiß.

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Bürger lernen voneinander

Prof. Dr. Peter Neumann, Geschäftsführer NeumannConsult, Münster

„Kommunen leben von der Vielfalt ihrer Bewohner und Besucher. Daher gilt: Eine inklusive Kommune ist eine attraktive Kommune“, sagte Peter Neumann. Er berichtete von Beratungsaufträgen der Städte Sinzig, Paderborn und Gladbeck, die er dabei unterstützt hat, ihre Innenstädte barrierefreier zu machen. Dabei ging es sowohl um bauliche Barrieren als auch um Dienstleistungen und um mehr Lebensqualität.

Ganz unterschiedliche Menschen aus den Städten wurden im Prozess beteiligt, zum Beispiel durch gemeinsame Begehung der Stadt. Dabei haben alle, ob jung oder alt, ob mit oder ohne Behinderung, sehr viel voneinander gelernt. Peter Neumann sprach sich für offene Planungs- und Beteiligungsprozesse aus, um wirklich alle zu erreichen. „Eine geeignete Form sind runde Tische für barrierefreie Innenstädte“, so Peter Neumann. „Daran sollten interessierte und engagierte Bürger ebenso teilnehmen wie Mitarbeiter der Stadtverwaltung.“

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Methoden, Mut und Haltung

Dr. Bettina Kruth, Referentin Stabsabteilung Quartiersnahe Versorgung und Ambulante Hilfen, Evangelisches Johanneswerk, Bielefeld

Bettina Kruth stellte Ideen und Erfahrungen zum Thema Qualifizierung für Partizipation vor. „Methoden allein reichen nicht: Für gelingende Partizipation brauchen Sie auch Mut und die richtige Haltung“, sagte sie. Partizipation heißt, Macht und Verantwortung zu teilen. Als gemeinsamer Lernprozess ist Partizipation noch immer eine unterschätzte Ressource: „Es gibt so viel Wissen, Talente, Potenzial, auch um inklusive Sozialräume zu gestalten“, so Bettina Kruth.

Zur „Basisqualifikation für interessierte Bürger eines Stadtteils“ zählte sie unter anderem die Methoden Stadtteilerkundungen, Expertengespräche und Öffentlichkeitsarbeit. Treffpunkte für engagierte Bürger in ihren jeweiligen Stadtteilen können in Kooperation mit Vereinen und Initiativen vor Ort organisiert werden. Weitere Veranstaltungen und Vernetzungsmöglichkeiten können dann, abgestimmt auf die Bedürfnisse der engagierten Bürger, gemeinsam realisiert werden.