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Maskenpflicht: Diskriminierung vermeiden, Ausgrenzung verhindern

An vielen Orten besteht zurzeit Maskenpflicht. Diskriminierung von Menschen, die ohne Mundschutz in der Öffentlichkeit unterwegs sind, sind nicht selten. Dabei kann ihr Verhalten gesundheitliche Gründe haben. Vier Menschen, die von der Maskenpflicht befreit sind, berichten von ihren Erfahrungen: von viel Solidarität aber auch von Ausgrenzung.

Tobias in seinem Rollstuhl auf einem Waldweg.

"Maskenpflicht ist mit Behinderung nicht immer einhaltbar"

Corona-Lockerungen, Wiederbeginn der Schule unter umfangreichen Auflagen – für Tobias keine einfache Situation. Der 18-Jährige hat spinale Muskelatrophie. Nachts ist er an eine Beatmungsmaschine angeschlossen, tagsüber schafft er es je nach Tagesform etwa zehn Stunden ohne Beatmung. Eine Schutzmaske zu tragen ist für ihn kaum möglich: "Bei den Vorbereitungen zur Fachabi-Prüfung geht mir echt die Puste aus. Und wenn ich eine Maske trage, ist es noch schlimmer. Reden ist für mich sowieso immer anstrengend."

Diskriminierung beim Thema Maskenpflicht hat er glücklicherweise noch nicht erlebt. In seiner Schule, der Fachoberschule der Ernst-Barlach-Schulen in München, hat Tobias mit seinen Mitschüler*innen und den Lehrkräften ausgemacht, dass er von der Maskenpflicht befreit ist und ist auf viel Verständnis gestoßen: "Wir achten dafür umso mehr darauf, dass wir genügend Abstand halten.“ Doch die Angst vor einer Ansteckung ist dennoch groß, und so findet ein Leben außerhalb der Schule für ihn gerade so gut wie nicht statt. "Wenn das mit Corona noch lange weitergeht, wird es für mich schwierig," sagt der Schüler, "weil man absolut nichts unternehmen kann."

Befreiung von der Maskenpflicht sorgt oft für Anfeindung

Neben Tobias' positiven Erlebnissen, gibt es beim Thema Maskenpflicht leider auch viele Beispiele für Diskriminierung im Alltag von Menschen mit Behinderung. Seit Einführung der Maskenpflicht erlebt Monika den sonst geliebten Einkaufsgang als Spießrutenlauf. Die Frankfurterin lebt im Autismus-Spektrum. Auf Berührungen reagiert sie hochsensibel, der Maskenstoff auf dem Gesicht ist für sie geradezu unerträglich. Ein Attest hat Monika zwar, doch gegen böse Blicke und auch unfreundliche Abweisungen hilft das leider auch nicht immer. In ihrem Stamm-Einkaufsladen hatte sie sogar extra vorher angerufen, ob sie dort ohne Maske ihre Einkäufe erledigen könne. Doch statt Verständnis erntete sie harsche Kritik und einen verbalen Rauswurf. Zum Einkaufen geht Monika seitdem nur noch so selten wie möglich, zu groß ist die Angst vor Ablehnung. Und freundliche Blicke? "Früher habe ich mal jemanden an der Kasse vorgelassen und er hat gelächelt. Heute weiß ich das nicht mehr. Und Augenkontakt ist für mich ganz schwierig."

Yannick im Rollstuhl vor einem Feld.

Abstandhalten statt Atemnot

„Ich hab es mit der Maske versucht. Auch aus Respekt vor den anderen Menschen. Aber es geht nicht." Yannick hat die Glasknochenkrankheit und sitzt im E-Rolli. Sein Brustkorb ist relativ stark deformiert, so dass er in manchen Positionen sowieso schlecht Luft bekommt. Daher macht ihm die Maskenpflicht ziemlich zu schaffen. Als die Schule nach der wochenlangen Corona-Pause wieder anfing, versuchte er es zunächst mit Maske – doch die Atemnot ist zu groß. Bei seinen Mitschüler*innen stößt er auf Verständnis: "Sobald ich in der Schule sitze, ziehe ich die Maske unter die Nase, um besser atmen zu können. Viele machen das genauso.“ Diskriminierung in Sachen Maskenpflicht ist hier also zum Glück Fehlanzeige.

Yannick hat aber auch schon Erfahrung mit weniger verständnisvollen Reaktionen gemacht, daher möchte er klarstellen: „Wenn jemand unter der Maske keine Luft bekommt, verliert sie ihren Sinn. Dann ist man vor Corona geschützt, fällt aber wegen Sauerstoffmangel um. Deshalb: Wenn ihr einen ohne Maske seht, kann das auch gute Gründe haben. Dann hält man halt Abstand – und ist genauso gut vor Ansteckung geschützt.“

Armbinde mit der Aufschrift: Ich habe Asthma und eine Bescheinigung."

"Von der Maskenpflicht befreit": Eine Armbinde als Signal

Kritische Blicke, unfreundliche Zurechtweisungen, Anfeindungen in Bus und Bahn – Jörg konnte und wollte das nicht mehr aushalten. "Ich habe Asthma und ein Attest, dass ich keinen Mundschutz tragen kann." Auf den ersten Blick ist das natürlich nicht zu erkennen, doch statt Nachfragen erfuhr der Asthmatiker in der Regel Vorverurteilungen. Für ihn war klar: Ein sichtbares Signal musste her, um der Diskriminierung aufgrund der Maskenpflicht vorzugreifen. Kurzerhand entwickelte Jörg eigenständig eine Armbinde – ähnlich der für sehbehinderte Menschen – mit einem Asthmatiker-Symbol und der Aufschrift "Ich habe Asthma und eine Bescheinigung". Eine passende Kappe ließ er sich direkt dazu anfertigen.

Seine ersten Erfahrungen mit der Armbinde beschreibt er als positiv. Sie zieht die Blicke auf sich und verhindert so häufig vorschnelle Urteile seiner Mitmenschen. Und er hat auch schon einige weitere Armbinden verkauft, damit andere Asthmatiker*innen ebenfalls von seiner Idee profitieren können: "Ich möchte anderen Menschen damit helfen!"

 

So erleben Menschen mit Behinderung die Corona-Zeit