Das wir gewinnt

Schnelle Hilfe durch Vernetzung

Die Aktion „Gmünd HILFT!“ versorgt Menschen in der Corona-Krise mit Lebensmitteln und hilft auch sonst, wo sie kann. Wie das funktioniert? Mit der Unterstützung lokaler Netzwerke – und vielen ehrenamtlichen Helfer*innen.
Zwei Helfer*innen im Projekt "Schwäbisch Gmünd hilft" bei der Lebensmittelhilfe.

In Schwäbisch Gmünd bei Stuttgart gab es schon vorher viele Ehrenamtliche und in der Krise ist das Netzwerk weiter gewachsen.

Mitte März in Schwäbisch Gmünd bei Stuttgart: Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie nahmen täglich zu, die Infektionszahlen in Baden-Württemberg auch. Wie sollte es für bedürftige Menschen und all’ jene in der Stadt weitergehen, die nun zum eigenen Schutz zu Hause bleiben mussten oder unter Quarantäne standen?

Manchmal ist der Weg von der guten Idee zum Projekt beeindruckend kurz: „Wir haben uns zusammengesetzt und überlegt, wie wir unsere Bürgerinnen und Bürger unbürokratisch unterstützen können“, erzählt Barbara Herzer, Leiterin der Kinder- und Jugendarbeit der Stadt. „Innerhalb von zwei Tagen haben wir dann die Aktion „Gmünd HILFT!“ aus dem Boden gestampft.“

Eine Frau betreut die Telefon-Hotline in Schwäbisch Gmünd.
Per Telefon können sich Menschen melden, die Hilfe suchen oder Unterstützung anbieten – das Angebot wird stark genutzt, da die Stadt besonders gut vernetzt ist.

Bestehende Netzwerke in der Krise nutzen

Binnen so kurzer Zeit ein funktionierendes Hilfesystem aufzubauen, noch dazu in einer allgemeinen Krisensituation – das sei nur möglich gewesen, weil Vereine und Verwaltungen der Stadt schon vor der Corona-Pandemie eng zusammengearbeitet hätten, sagt Herzer. Schwäbisch Gmünd ist seit 2018 auch Teil des Pilotprojekts Kommune Inklusiv" der Aktion Mensch, mit dem das lokale Zusammenwirken von Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung gezielt gefördert wird, um mehr Teilhabe zu ermöglichen. “Wir brauchten nur unsere bestehenden Netzwerke reaktivieren“, resümiert Herzer. „Deshalb ging die Umsetzung so schnell.“

Ausgehend vom Amt für Familie und Soziales und gemeinsam mit der Gmünder Bürgerschaft, dem Deutschen Roten Kreuz und dem Projekt „Kommune Inklusiv“ organisierte ein kleines Team um Barbara Herzer zunächst eine Hotline: das Herzstück von „Gmünd HILFT!“ . Sie vermittelt schnelle Alltagshilfe durch Ehrenamtliche und richtet sich in erster Linie an Senior*innen, Kranke, Alleinstehende und Menschen in Quarantäne.

Porträt von Barbara Herzer.
Barbara Herzer, Leiterin der Kinder- und Jugendarbeit, hat die Aktion „Gmünd HILFT!“ gemeinsam mit vielen weiteren Freiwilligen in der Stadt innerhalb von kürzester Zeit aus dem Boden gestampft.

Die Hilfe bekannt machen

Um „Gmünd HILFT!“ in der Stadt bekannt zu machen, schaltete das Organisationsteam einen Aufruf in der Zeitung und verbreitete ihn über lokale Netzwerke, druckte Flyer und Banner. Das Echo sei überwältigend gewesen, freut sich Herzer: „Wir hatten bereits 25 feste Ehrenamtliche. Aber dann riefen immer mehr an, und die Liste wuchs auf über 150 Leute. Darunter viele junge Menschen, die sich zuvor nie engagiert hatten!“ Bald darauf folgten die ersten Anfragen aus der Bevölkerung.

Seither steht die Hotline nicht mehr still. Am einen Telefon sitzt der DRK-Kreisverband, am anderen Barbara Herzer selbst – täglich, von morgens um acht bis nachmittags um halb fünf: „Ich suche die passenden Ansprechpersonen und Nummern heraus und stelle Kontakte her“, erzählt sie. Meist geht es bei den Anfragen um die Lieferung von Tafel-Paketen an Bedürftige oder Einkaufshilfe für Angehörige von Risikogruppen. Aus der Corona-Soforthilfe der Aktion Mensch erhielt „Gmünd HILFT!“ 37.050,- Euro als Unterstützung für die Lebensmittelhilfe.

Ein Helfer bringt Lebensmittel bei einem Kunden vorbei.
Rasche Hilfe durch Ehrenamtliche: Über eine Hotline wird die Netzwerkarbeit in Schwäbisch Gmünd gesteuert, durch die vor allem Senior*innen, Kranke, Alleinstehende und Menschen in Quarantäne unterstützt werden.

Für andere da sein

„Davon können wir an die 4.000 Tafel-Pakete packen“, sagt Herzer. „Gmünd HILFT!“ berät aber auch bei finanziellen Schwierigkeiten, psychischen Nöten oder häuslicher Gewalt. „Es rufen jetzt zum Beispiel öfter auch Jugendliche an, die zu Hause Schwierigkeiten mit den Eltern haben. Die leite ich dann an mein Team von der Jugendarbeit weiter“, sagt Herzer.

Wenn jemand wegen einer Einkaufshilfe anfragt, nimmt sie zunächst die Kontaktdaten auf. „Dann versuche ich Helfer*innen aus der Nähe der Anfrage zu erreichen.“ Die Hoffnung ist, Netzwerke in der Nachbarschaft zu knüpfen, die auch nach der Krise Bestand haben könnten.

Einer der freiwilligen Helfer ist Axel König, 34. Er war bereits mehrmals im Einsatz. „Ich telefoniere kurz mit der Person und hole die draußen bereitgelegte Tasche mit Einkaufsliste und Geld ab“, schildert er den Ablauf. „Den Einkauf stelle ich anschließend vor die Tür.“ Trotz der kontaktlosen Übergabe entwickelt sich oft noch ein Gespräch, durch die Gegensprechanlage oder über den Gartenzaun. „Ich frage die Leute, was sie an dem Tag so gemacht haben. Aus vielen sprudelt es dann schon richtig heraus. Für mich gehört es dazu, auch auf diese Weise für sie da zu sein und mir ihre Sorgen anzuhören.“

Eine Frau packt Obst ein.

Gmünd HILFT!

Das lokale Zusammenwirken von Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung hat in Schwäbisch Gmünd bereits Tradition. Diese Netzwerkarbeit kommt den Menschen in der Modellkommune der Initiative „Kommune Inklusiv“ besonders in Zeiten von Corona zugute. Denn in den letzten Wochen stand das Telefon im neu geschaffenen Projekt "Gmünd HILFT!" in Schwäbisch Gmünd nur selten still. Über die Hotline der Stadt werden Alltagshilfen in Zeiten der Corona-Pandemie vermittelt. Ehrenamtliche unterstützen auf diese Weise schnell und unkompliziert Senior*innen, Kranke, Alleinstehende und Menschen in Quarantäne. Vom Einkauf über das nette Gespräch per Gegensprechanlage bis hin zur Lieferung von Tafel-Paketen – mit 150 ehrenamtlichen Helfer*innen werden nicht nur Lebensmittelhilfe und Einkaufsservice verwirklicht, sondern auch Kontakte zu Menschen, die zur Zeit in Isolation geraten könnten, aufrechterhalten.

Mehr über "Gmünd HILFT!" erfahren

Vergelt`s Gott

Viele Menschen leiden seelisch unter der Krise. So auch Ella Lenig, 73 Jahre alt und chronisch krank. Als sie erzählt, dass die Enkel sie nicht mehr besuchen können, muss sie weinen. Bis Mitte März ging sie täglich im Tafelladen einkaufen, um mit der schmalen Rente über die Runden zu kommen. Nachdem sie als Risikoperson nicht mehr hingehen sollte, fiel es ihr schwer, dem Alltag Struktur zu geben. Hinzu kamen Existenzängste. Bis ihr eine Freundin von "Gmünd HILFT!“ erzählte. Mittlerweile hat Lenig drei Tafel-Pakete erhalten. „Kontaktlos geliefert von einer netten Ehrenamtlichen“, sagt sie. „Dafür bin ich sehr dankbar.“

„Vergelt’s Gott!“ hat neulich eine alte Dame zu Barbara Herzer gesagt. „Ein typisch schwäbischer Dank“, meint sie und lacht. „Das war schön. Ich habe gemerkt: Du redest dir nicht umsonst den Mund fusselig – da sitzt jetzt wirklich jemand, der sich freut, dass er nicht vergessen wird.“

Eine Stadt steht zusammen

In Schwäbisch Gmünd gibt es ein starkes Netzwerk aus Ehrenamtlichen, die sich für alle Menschen in der Stadt einsetzen. Dieses Netzwerk hilft besonders in der Krise – mit einer Lebensmittelhilfe, einem Telefon-Service und vielen weiteren Angeboten.