Das wir gewinnt

Frag ein Klischee!

Die sind alle so, und die sind so – Klischees machen es uns einfach. Aber was passiert, wenn man nachfragt? Das hat sich das Youtube-Format „Frag ein Klischee“ vorgenommen und hakt knallhart nach: beim Soldaten, der Muslima, der Drag-Queen, dem Kleinwüchsigen, dem Obdachlosen oder dem Tourette-Patienten.
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Hyperbole TV heißt das Projekt hinter der Youtube-Serie. Hyperbole, das kommt von Hyperbel und heißt so viel wie literarische Übertreibung, um etwas zu verdeutlichen. Ziemlich auf die Zwölf sind eigentlich alle Youtube-Serien von Hyperbole TV: Disslike  beispielsweise – hier setzen sich Prominente auf lustige Weise mit den bösen Netzkommentaren über sie auseinander – oder The Line , wo Musiker die Story zu ihrer Lieblingstextzeile erzählen. Bei dem Youtube-Projekt gegen Vorurteile  hingegen stehen keine Promis vor der Kamera, sondern ganz normale Menschen. Und das ist auch der Dreh des Ganzen: nicht auf das Klischee gucken, sondern die Leute dahinter kennenlernen.

Mit dem Rock aufs Klo?

"Wie gehst du zum Frisör?", wird etwa Bijan gefragt, der Tourette hat. Oder die Drag Queen wird einmal ganz pragmatisch gefragt: "Wie ist es, mit Rock im Stehen zu pinkeln?" Genauso wie die etwas fundiertere Frage: "Ist das nur eine Verkleidung oder deine Persönlichkeit?" Und auf die Frage "Islam und Feminismus, ist das nicht ein Widerspruch?", antwortet die Muslima Kübra: "Nein, denn dann wäre ich ja auch ein Widerspruch." Über 150 Antworten von mehr als 40 Protagonisten sind so schon zusammen gekommen.

Alisa Ehlert vom Redaktionsteam von Hyperbole TV erklärt: "Wir stellen die unbequemen und die indiskreten Fragen, die man sich normalerweise nicht laut zu sagen traut". Keine falsche Scheu, wissen so auch die User, ist gefragt: Denn sie sind es, die auf der Facebook-Seite  oder bei Twitter  vorab die Fragen einbringen. Und die bekommen die Interviewten dann gestellt: ungefiltert und direkt.

Ungefiltert und direkt

Zum Beispiel Burny: Er ist schon seit seiner Kindheit auf fremde Hilfe angewiesen. Und für die Fragestunde das reale Pendant zum "Klischee-Pflegefall". Keine Freunde? Nix machen? Solche Dinge fallen einigen vielleicht zuerst ein. Das Stichwort "Pflegefall" ist hier aber nur der Aufhänger. Burnys Antworten bügeln das schiefe Gesamtbild aus: "Ich hoffe, dass die Leute, die das sehen, merken, dass jeder Mensch ein normaler Mensch ist."

Bloßgestellt wird hier keiner, jeder beantwortet die Fragen so, wie er möchte, aber immer ehrlich. Da kann man auch schon mal ein klares Nein raushauen oder mit einem Lachen unterstreichen, wie abwegig die Frage doch ist. Zum Beispiel, wenn die junge Frau, die Frauen liebt, gefragt wird, ob ihr nicht einfach nur der richtige Mann im Bett fehle.

Porträt von Cem, der heftig gestikuliert.

Das Wort Zwerg gefällt mir nicht. Kleiner Mann geht auch. Und im Zirkus war ich das letzte Mal vor 15 Jahren als Kind – als Besucher.

Cem zu Klischees über Kleinwüchsige
Also einmal mit Vorurteilen aufräumen. Das macht auch der kleinwüchsige Cem mit dem hartnäckigen Gerücht, dass kleinwüchsige Menschen unbedingt im Zirkus arbeiten. Dabei bleibt der 25-Jährige ganz charmant und ist oft auch belustigt. Ganz offen erklären, gehört nämlich bei Hyperbole TV dazu. "Es ist Gewohnheitssache", antwortet Cem auf die Frage, ob es nervt, dass alle auf ihn hinunterschauen. Und ergänzt, dass die Sache ja auch immer zwei Seiten hat: "Also, komm'ma runter!"
Dass Anspruch dahinter steckt, zeigt sich nicht nur darin, dass das Videoprojekt von der Uni Lüneburg initiiert wurde. Im Sommer 2015 wurde das Team von Hyperbole TV auch mit dem Grimme-Online-Award  für seine Arbeit ausgezeichnet. Das Abstimmen haben hier, genauso wie das Fragen stellen bei Hyperbole TV, natürlich die User übernommen.

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